Immer noch Mercedes

■ Das ehemalige HSV-Idol World Cup-Willi Schulz wird am Sonntag sechzig

Willi Schulz fühlt sich ohne Arbeit nicht wohl. Von seinem Wohnsitz am Hamburger Stadtrand aus leitet der 66fache ehemalige Fußball-Nationalspieler nach wie vor ein kleines Imperium. Versicherungen, Kneipen, Immobilien, Spielautomaten – Schulz hetzt 25 Jahre nach Ende seiner sportlichen Karriere immer noch von Termin zu Termin. Meist ist er 16 Stunden am Tag im Dienst. „Die besten Profis sind die, die auch nach Ende ihrer Laufbahn noch Mercedes fahren. Daran habe ich mich gehalten“, sagt der in der Hansestadt heimisch gewordene Mann aus dem Pott.

Gerade hat er eine dreiwöchige, anstrengende Steuerprüfung hinter sich. Da tut zur Abwechslung etwas Entspannung mit Ehefrau Ingrid gut. Am Mittwoch hob Schulz zu einem 14tägigen USA-Urlaub ab. Der Termin war mit Bedacht gewählt. Am Sonntag wird Schulz 60, da weicht er möglichem Rummel um seine Person lieber aus.

Dabei ist er neben seinem Freund Uwe Seeler ein weiteres großes Idol des Hamburger SV. Schulz bestritt 263 Bundesliga-Spiele für Schalke 04 und zwischen 1965 und 1973 für den Hamburger SV. „Ich bin froh, daß ich für zwei Weltklubs spielen konnte“, sagt Schulz stolz, auch wenn ihm ein großer Titelgewinn versagt blieb. Seine Länderspiel-Laufbahn, in deren Verlauf er das Nationalteam 20mal als Kapitän anführte, begann 1959 und endete bei seiner dritten WM-Teilnahme 1970 im Jahrhundertspiel gegen Italien. Beim Titelkampf vier Jahre zuvor in England bescherte ihm die heimliche Chefrolle seinen Ehrentitel World Cup-Willi. Dem großen Pele wird das Zitat zugeschrieben: „Er war mein Angstgegner.“

Dem Vielbeschäftigten bleibt für den heutigen Fußball kaum noch Zeit. Sein Verhältnis zur Branche nennt Schulz „distanziert“. „Mit der Zeit verflacht das Ganze“, meint der Abwehrspieler, der bei besonderen Gelegenheiten einen Platz auf dem Sofa dem im Stadion vorzieht. Bernd Müller