Rot-Grün einig: Noch 25 Tage bis zur Kanzlerwahl

■ Beim Fahrplan der Verhandlungen setzt die SPD sich durch: Erst Inhalte, dann Ministerposten. Verdrängt Herta Däubler-Gmelin Otto Schily vom Innenressort?

Bonn (taz) – Grüne und SPD haben sich auf einen ehrgeizigen Zeitplan für ihre Koalitionsverhandlungen geeinigt: Bis zum 23. Oktober sollen die Ergebnisse vorliegen. Und über diese soll dann vom 23. bis zum 25. Oktober eine Bundesdelegiertenversammlung der Grünen und am 25. ein Bundesparteitag der SPD befinden. Bereits am 26. Oktober soll der Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten, einen Tag später Gerhard soll Schröder zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Diesen Ablauf der Verhandlungen vereinbarten gestern die Spitzen beider Koalitionspartner bei einem gut dreistündigen Treffen in der saarländischen Vertretung in Bonn.

Nach der Unterredung erklärte Schröder, daß die Zusammenkunft in einer „freundlichen Atmosphäre“ verlaufen sei. Personelle Dinge seien nicht beredet worden. Man habe, bestätigte Joschka Fischer, weder über Ministerien noch über die Anzahl geredet, sondern „kursorisch“ die Inhalte besprochen. Nach den Worten Schröders wird erst über die Inhalte und dann über Strukturfragen, worunter er auch die Ressortverteilung versteht, verhandelt. Damit hat sich in dieser entscheidenden Verfahrensfrage die SPD durchgesetzt. Die Grünen hatten die Absicht, bei den Koalitionsgesprächen die Ressortverteilung nicht erst am Ende zu regeln. Mit dieser Vorgehensweise hatten sie bei den Verhandlungen zum Hamburger Senat die schlechte Erfahrung gemacht, daß sie zum Schluß ihre Ressortwünsche nicht mehr durchsetzen konnten. Heute morgen werden die eigentlichen Verhandlungskommissionen zum ersten Mal zusammentreffen. Deren Bedeutung wird mittlerweile allerdings als eher gering eingeschätzt. Die eigentlichen Auseinandersetzungen sollen in der Kerngruppe geführt werden, die Sachauseinandersetzung in noch einzurichtenden Arbeitsgruppen. Auf seiten der SPD gab es Unmut darüber, daß als Verhandlungskommission das Präsidium benannt wurde, in das maßgebliche Politiker der künftigen Koalition nicht eingebunden sind.

Unterdessen wurden weitere Informationen und unbestätigte Meldungen über das künftige Personaltableau und die Inhalte der Verhandlungen bekannt. Die SPD soll bereit sein, auf den Transrapid zu verzichten, um im Gegenzug einen größeren Zeitrahmen beim Atomausstieg zu erhalten. Der SPD falle angeblich der Abschied vom Transrapid um so leichter, als die Finanzierung des Milliardenprojektes große Probleme aufwirft. Auch soll man sich in der SPD bereits Gedanken für den Fall gemacht haben, daß das Justizressort an die Berliner Grüne Renate Künast fallen sollte. Dann soll die dafür vorgesehene Herta Däubler-Gmelin ins Innenressort wechseln, wofür Otto Schily seinen Platz räumen müßte. Gesichert scheint, daß der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Bodo Hombach als Kanzleramtsminister vorgesehen ist. Dieter Rulff

Berichte Seiten 4, 5 und 7

Debatte Seite 14