Ohrfeige von der Polizei

■ Geldstrafen für drei PassantInnen, die festgenommenem Afrikaner helfen wollten

„Man braucht keine aufwendige Beweisaufnahme, wenn das Urteil schon vorher feststeht“, schimpften die Anwälte Johanna Dreger und Manfred Getzmann. Ihr Zorn richtete sich am Freitag gegen Amtsrichterin Ute Ebert, die zwei deutsche Frauen und einen Afrikaner wegen „versuchter Gefangenenbefreiung“ zu Geldstrafen verurteilt hatte, weil sie einem von Polizisten mißhandelten Mann helfen wollten.

Der Vorfall ereignete sich am 3. April 1997 im Schanzenbahnhof. Vier PolizistInnen wollten einen Afrikaner überprüfen. Weil er Widerstand leistete, rissen sie ihn zu Boden. Ein Beamter preßte sein Knie ins Genick des liegenden Mannes, zog aber gleichzeitig den Kopf an den Rasterlocker hoch. Als Kritine C. das sah, beschimpfte sie den Polizisten und kassierte dafür promt eine Ohrfeige.

Nun gingen auch Sabine F. und Grasia W. dazwischen, schrien und zerrten an den Beamten – für Verteidiger Getzmann zu Recht, denn das Vorgehen der PolizistInnen sei eine „äußerst gefährliche Behandlung“ gewesen. Ein Mediziner attestierte, daß beim „ruckhaften“ Zurückreißen des Kopfes, wie bei dem Afrikaner geschehen, die Gefahr eines Genickbruchs bestehe. „Die wollten helfen, aber keinen Gefangenen befreien“, plädierte Manfred Getzmann.

Ob der inzwischen ausgereiste Afrikaner verletzt wurde, ist unklar. „Der Tumult ist nicht mehr aufzuklären“, gab Richterin Ebert zu. Dennoch verurteilte sie Kritine C., Sabine F. und Grasia W. zu Geldstrafen zwischen 450 und 1800 Mark. Denn „wenn Polizisten jemanden festnehmen, darf man letzlich, auch wenn es einem nicht paßt, nicht einschreiten.“ Die Verteidigung geht in Berufung. kva