Ausschuß berät Amtsenthebung Clintons

Rechtsausschuß des US-Repräsentantenhauses berät heute in der Frage der Amtsenthebung über begrenzten Auftrag oder ausgedehntes Verfahren. Ex-Präsident Ford plädiert nur für Rüge Clintons  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Heute will der Rechtsausschuß des US-Repräsentantenhauses seine Beratungen beginnen, ob er gegen Präsident Bill Clinton ein Amtsenthebungsverfahren einleiten soll. Es gilt als sicher, daß der von den Republikanern dominierte Rechtsausschuß für Ermittlungen stimmen wird. Strittig ist nur noch der Umfang des Ermittlungsauftrags.

Die Republikaner wollen nicht nur die von Sonderermittler Kenneth Starr erhobenen Vorwürfe wegen Meineids, Beweisunterschlagung und Zeugenbeeinflussung untersuchen, sondern auch mögliche Unregelmäßigkeiten beim Eintreiben von Parteispenden und bei der Wahlkampffinanzierung der Demokraten. Diese dagegen möchten den Auftrag des Rechtsausschusses auf die Affäre Clintons mit Monica Lewinsky beschränkt sehen und die Sache am liebsten möglichst schnell hinter sich bringen.

Die Entscheidung des Rechtsausschusses bedarf der Zustimmung des Repräsentantenhauses, die für diese Woche erwartet wird. Es gilt als sicher, daß zwischen zwei Dutzend und hundert Demokraten mit den Republikanern für die Einleitung der Vorermittlungen stimmen werden. Dann müßte der Rechtsausschuß später dem Abgeordnetenhaus eine Art Anklageschrift gegen den Präsidenten zur Abstimmung vorlegen, über die dann der Senat unter Vorsitz von Amerikas oberstem Richter verhandeln würde.

Der frühere Präsident Gerald Ford sprach sich gestern gegen ein Amtsenthebungsverfahren aus. In der New York Times plädierte der 85jährige Republikaner nur dafür, Clinton scharf zu rügen. Ford war Nachfolger Nixons, der 1974 während des Amtsenthebungsverfahrens zur Watergate-Affäre zurückgetreten war.

Am Wochenende widmete sich die Nation der Lektüre der letzten 4.600 Seiten aus dem dokumentarischen Anhang des Starr-Reports, die am Freitag vom Rechtsausschuß freigegeben worden waren. Viele Zeitungen veröffentlichten Auszüge aus den Tonbandaufzeichnungen, die die Pentagon- Mitarbeiterin Linda Tripp heimlich von ihren Telephongesprächen mit Monica Lewinsky gemacht hatte. Die vielen Protokolle sind mühsamer zu lesen als der vor drei Wochen freigegebene eigentliche Report und enthielten keine sensationellen Enthüllungen. Die Konturen werden unschärfer, die Figuren widersprüchlicher und damit realer. Das Beweismaterial läßt alles schwammiger erscheinen und scheint weder Starrs These von der bewußten Zeugenmanipulation noch die der Demokraten von einer Verschwörung gegen den Präsidenten ganz zu bestätigen.

Und wieder diagnostizieren die Demoskopen den Widerwillen der Nation, sich weiter mit dieser Geschichte zu beschäftigen. Die Amerikaner haben allerdings in einigen Wochen die einmalige Gelegenheit, über die Amtsenthebung Clintons mit zu entscheiden, wenn am 3. November das gesamte Repräsentantenhaus sowie ein Drittel des Senats neu gewählt werden.

Sollten im nächsten Kongreß anders als heute die Demokraten eine Mehrheit haben, würde das Amtsenthebungsverfahren eingestellt werden. Bisher sieht es jedoch nicht so aus, als ob die Lewinsky-Affäre den Ausgang der Wahl beeinflussen würde.