Schwerin läßt es langsam angehen

■ SPD in Mecklenburg-Vorpommern spricht in dieser Woche erneut mit PDS und CDU. PDS-Chef Holter: Partei von Koalition überzeugen

Schwerin (taz) – Die Eile, mit der die rot-grünen Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene vorbereitet werden, ist den Politikern in Mecklenburg-Vorpommern fremd. Eine Woche nach der Landtagswahl am 27. September, bei der die SPD als Siegerin hervorgegangen war, bestellte der designierte Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) am Wochenende die Landeschefs von CDU und PDS, Angela Merkel und Helmut Holter, für diesen Mittwoch bzw. Donnerstag erneut zum Polit- Plausch ins Schweriner Schloß ein. Die ersten Sondierungsgespräche, die Ringstorff mit den beiden potentiellen Regierungspartnern bereits in der vergangenen Woche geführt hatte, seien zwar „offen“ (Holter), „sachlich“ (Ringstorff) und „fair“ (Merkel) verlaufen, doch gebe es „weiteren Diskussionsbedarf“. In der Frage der Finanzpolitik, „wo es mit mir keine Abenteuer geben wird“, erklärte Ringstorff, stimme die SPD „völlig“ mit der CDU überein. Die Netto-Neuverschuldung des Landes müsse „im Rahmen“ bleiben. Doch was das „Abstimmungsverhalten im Bundesrat“ sowie die Sozial- und Schulpolitik angeht, fühle sie „eine größere Nähe“ zur PDS. Zumal die, wie die SPD, einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor fordert. CDU-Chefin Merkel dagegen, der die Jahre als zuhauf attackierte Bundesumweltministerin rhetorisch nicht geschadet haben, lehnt „staatliche Fischereiflotten“ strikt ab.

Bei so vielen offenen Fragen kann die SPD nach eigenen Angaben „frühestens“ am nächsten Wochenende entscheiden, mit wem sie denn nun in Koalitionsverhandlungen eintritt. Bis dahin wird sie, die erstmals seit der Wende den Regierungschef in Mecklenburg- Vorpommern stellen wird, ihre neue Rolle der von allen Umworbenen voll auskosten. Denn daß zumindest die PDS um fast jeden Preis mitregieren will, daran läßt Parteichef Holter keinen Zweifel: „Am liebsten“ sei ihm eine rot- rote Koalition, verkündet er, erst an zweiter Stelle komme die, „ebenfalls denkbare“, Tolerierung einer SPD-Minderheitenregierung. In der Tat wäre das nur die zweitbeste Lösung: Schließt die PDS einen Tolerierungsvertrag, verliert sie nicht nur den Oppositionsstatus, sondern auch die daran geknüpfte bessere finanzielle Ausstattung. Kurz: Die PDS würde eine zum Schweigen verdammte Regierungspartei. Nachdem Holter in der vergangenen Woche sämtliche PDS-Kreischefs empfangen hat, um sich ein Bild von der politischen Befindlichkeit der Genossen zu machen, steht für ihn fest: „Ich glaube, daß ich den Parteitag von einer Koalition überzeugen könnte.“ Heike Haarhoff