Fischer für Friede, Freude, Folgsamkeit

■ Fraktionssprecher warnt seine Partei vor Flügelkämpfen. Länderrat billigt Verhandlungskommission. Frauenrat fordert, die Quote auch bei Regierungsposten zu beachten. Realos bestimmen Kandidaten für Fraktionsvorsitz

Bonn (taz) – Mit Geschlossenheit und deutlichen Positionen wollen die Bündnisgrünen die Koalitionsverhandlungen mit der SPD führen. Joschka Fischer, Fraktionssprecher und potentieller Außenminister, forderte gestern in einem eindringlichen Appell ein Ende des innerparteilichen Richtungsstreits. „Die Zeit der alten Flügelkämpfe ist vorbei. Die können uns Kopf und Kragen kosten“, sagte Fischer gestern auf dem Länderrat in Bonn.

Nach mehrstündiger Diskussion hinter verschlossenen Türen billigte der Länderrat die Verhandlungskommission in der vom Bundesvorstand vorgeschlagenen Zusammensetzung. Damit ist eine der strittigen Fragen im internen Tauziehen um die Macht endgültig geklärt. In einer anderen soll heute abend eine Vorentscheidung fallen. Auf einem Treffen der realpolitischen Strömung der Fraktion wird der Kandidat bestimmt, den diese Gruppe für das Amt des Fraktionschefs nominieren will. Ausgetragen wird das Rennen zwischen dem bisherigen parlamentarischen Geschäftsführer Werner Schulz und Rezzo Schlauch aus Baden- Württemberg. Die Parteilinke will diese Frage noch nicht entscheiden. Am Rande des Länderrats dementierte die bisherige Europapolitikerin Claudia Roth Berichte, denen zufolge sie das Amt der Fraktionschefin nicht anstrebe. „Es gibt keine Vorabsprachen“, erklärte sie gegenüber der taz. Roth ist auch für das Amt der Ausländerbeauftragten im Gespräch.

Bereits am Samstag faßte der Frauenrat der Partei einen Beschluß, in dem erweiterte Kompetenzen für das Familienministerium und die Beachtung der Quote auch für Kabinettsposten gefordert werden. Die Verhandlungskommission hatte sich bereits in der letzten Woche darauf geeinigt, für Joschka Fischer und den Parteivorsitzenden Jürgen Trittin Ministerposten zu fordern.

Trittin mahnte gestern zur Disziplin bei öffentlichen Äußerungen. In diesem Zusammenhang kritisierte er nicht nur Gerhard Schröder, sondern auch den haushaltspolitischen Sprecher der Fraktion, Oswald Metzger – ein ungewöhnliches Vorgehen für einen Parteichef. „Lieber Oswald, lieber Gerhard“, rief Trittin, „wir führen diese Koalitionsverhandlungen in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung, nicht in den Redaktionsstuben von Bild und Bild am Sonntag.“

Die SPD-Spitze hat sich unterdessen offenbar festgelegt, daß Johannes Rau neuer Bundespräsident werden soll. Sowohl Schröder als auch Parteichef Lafontaine stehen hinter Rau. Fraktionschef Scharping bestätigte, Fischer werde den künftigen Bundeskanzler Schröder Ende der Woche auf dessen Reise nach Washington begleiten. Bettina Gaus

Berichte Seiten 6 und 7, Kommentar Seite 12