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■ Der Deutsche Luft- und Raumfahrtkongreß 1998 wurde gestern an der Universität eröffnet

Früher hat Hans J. Rath die Grünen gewählt. Heute gibt der Fallturm-Chef und Vorsitzende der „Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt“ (DGLR) einer anderen Partei die Stimme, denn „man wird älter, man wird reifer, man wägt ab“. Sorge bereitet ihm der Regierungswechsel in Bonn für seine Branche allerdings nicht. Von der anvisierten Verdoppelung des Forschungsetats unter Rot-Grün würde die deutsche Luft- und Raumfahrt profitieren. Doch politisch andersdenkende Kollegen bleiben vorerst skeptisch.

Drei Tage haben Vertreter der Deutschen Luft- und Raumfahrt nun Zeit, ihre forschungspolitischen Bedenken an der Bremer Universität zu diskutieren und gleichzeitig und vorrangig neuen Forschungsergebnissen aus der Welt der Raketen und Flugzeuge zu lauschen. 450 Teilnehmer haben sich zum „Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress“ angemeldet, der dieses Jahr wie schon 1992 in der Hansestadt stattfindet. Bis Freitag können sie in 10 Plenar- und 260 Fachvorträgen dem Motto der Veranstaltung huldigen: „In Partnerschaft die Zukunft gewinnen – Wissenschaft, Politik, Industrie“.

Schwerpunkte werden auf dem Kongreß hauptsächlich dort gelegt, wo für die Zukunft auch ein absatzträchtiger Markt winkt: kleine und billige Sateliten für das neue Medienzeitalter etwa. Geforscht wird auch mit wiederverwendbaren und damit billigeren Trägerraketen, die die kommerzielle Sateliten-Fracht in den Weltraum schießen. Ein neues Flugzeug aus dem Hause Airbus, die A3XX, ist ein Thema, die eines fernen Tages die bisher konkurrenzlose Riesen-Boing 747 vom Markt verdrängen soll.

Der Kongreß steuert einen Paradigmenwechsel in der Beziehung zwischen Wissenschaft und Industrie an. In der Vergangenheit sei der DGLR-Kongreß immer von der Wissenschaft dominiert worden, meint Stefan Graul, Chef von Daimler Benz Aerospace Bremen, der die Programmkommission des diesjährigen Kongresses leitete. Diesmal sei man bemüht gewesen, die Wissenschaft mehr auf ein Produkt hinzulenken.

Bremen, und das macht die Veranstalter besonders stolz, gilt schnell als Paradebeispiel einer funktionierenden Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Industrie. Gerade erst hat der Senat 50 Millionen Mark Landesmittel für das Weltraumprojekt BEOS lockergemacht. Eine „ähnliche Initiative auch für den Bereich der Luftfahrt zusammen mit Airbus“ wünscht sich DGLR-Chef Rath jetzt. Denn die Standortdiskussion bei Airbus sei für Bremen längst nicht so positiv wie für andere Standorte. cd