Raumerweiterung für Ostalgie

■ Die Graphikerin Elke Matz stellt im "Intershop 2000" Konsumgüter der DDR aus. Mit stapelbaren Mitropatassen und Eiersitzen und einer mobilen Halle will sie nun auch durch die westliche Welt touren

Die DDR hatte Stil. Und zwar ihren eigenen: Mitropa-Tassen im Einheitsdesign, rationell und stapelbar, Plastikstühle mit Z-förmigen Stuhlbeinen in Rot, Blau und Weiß – und Eiersitze. Elke Matz lehnt sich in einem roten zurück. „Eine Rarität“, sagt sie. Das Plastikgebilde aus DDR-Zeiten, dessen Form an aufklappbare Reiseaschenbecher erinnert, hat sie auf einem Flohmarkt erstanden. Wie so viele andere Ostprodukte, die es ihr angetan haben. Etwa 500 davon sind zur Zeit in der Oberbaum- City in Friedrichshain zu sehen, einige zu kaufen, andere zu tauschen. „Intershop 2000“ nennt Elke Matz ihre Ausstellung.

Zwischen „IMI“-Waschmittelpackungen, Mitropa-Fahrausweisen und der Heimsauna „HLB 68“ stöbern Bärbel und Trude Paulick. Die beiden sind mit Ostprodukten aufgewachsen. „Mitropa kannte bei uns jeder“, sagt Bärbel Paulick. Die Stapeltassen, die in Sachsen hergestellt wurden, erinnern sie an Klassenfahrten und Betriebsausflüge. „Früher war das Alltag, heute ist das etwas Besonderes.“ Sie hat Wandzeitungen und eine DDR-Fahne gekauft. „Zum Weglegen für die Kinder.“

Elke Matz zieht hastig an ihrer Zigarette. Es ist ihre erste Präsentation. „Die Zeit mußte erst dafür kommen“, sagt sie. Nun träumt die gelernte Graphikerin aus dem Harz davon, mit ihrer Sammlung auf Reisen zu gehen. „Über Kassel nach Granada“, sagt sie, „vielleicht schon im nächsten Frühjahr.“ Die mobile „Varianthalle“ aus der DDR, zugleich größtes Ausstellungsstück, kann sie in wenigen Stunden aufbauen. Wie eine Ziehharmonika läßt sich die Konstruktion aus Pappe, Aluminium, Stahl und Holz auseinanderziehen und für den Transport zusammenschieben. Die „transportable Raumerweiterungshalle“ wurde zu DDR- Zeiten als Saison-Gaststätte, Postamt und Tierarztpraxis genutzt und trägt den Beinamen „Halle für Alle“. Zuweilen waren auch „Intershops“ darin untergebracht; jene Läden, in denen bis zum Mauerfall Westprodukte für D-Mark angeboten wurden. Einer steht nun zwischen Bauschutt in der Oberbaum-City und beherbergt DDR-Vergangenheit.

Die Graphikerin ist mit ihrer Sammelleidenschaft nicht allein. 1994 gründete Elke Matz mit einer Handvoll Bekannten den „Verein zur Dokumentation der DDR-Alltagskultur“. Heute gehören ihm mehr als 80 Männer und Frauen an, die wie Elke Matz Ost-Geschichte retten wollen. Matz kennt die Herkunft ihrer Austellungsstücke gut. Wenn es um Mitropa- Geschirr geht, nennt sie sich Expertin. „Ich weiß alles“, sagt sie selbstbewußt. Die Plastikstühle etwa sollen in Sanatorien gestanden haben. Und die Eiersitze? „Erich Mielke hatte zwei weiße auf seiner Terrasse“, weiß Matz. Mike Szymanski

Der Intershop 2000 in der Ehrenbergstraße ist noch bis Ende Oktober geöffnet. Montags bis freitags von 16 bis 20 Uhr, am Wochenende von 10 bis 20 Uhr.