Damit die Finger beim Scratchen nicht brechen

■ Ob Sratching oder Beat Juggling – in der Kölner HipHop-Schule lernen DJs ihr Handwerk

Köln (taz) – Die Garage rappelt. Noch sind sie etwas schräg, die Beats, die da hinter der Wellblechtür heraus in den tristen Hinterhof in der Vogteistraße in Köln quellen. Hier tönen die TeilnehmerInnen der „Beatz in der Bude Production“, dem ersten Hiphop-Seminar im Rheinland. Der 23jährige Mike Haagen alias DJ Lifeforce ist Seminarleiter und Initiator zugleich. Er legt selber bei den Coolen Säuen und dem DJ Projekt Steel Rockaz auf – und will seinen Schülern neben Scratching, Cutting und Beat Juggling auch den historischen Hintergrund der DJ-Kultur beibringen.

Die betongraue Garage mit Neonröhren und rautengemusterten PVC-Böden, deren Nachbarn ungestörten Scratch-Lärm zulassen, hat Haagen vom Pop-Kultur- Museum PopDom gemietet. Der PopDom präsentiert gleich im Vorderhaus seine Designsammlung der sechziger und siebziger Jahre. So entstand in Köln mit Schule und Museum gleich ein „Zentrum für Popkultur“, wie die Betreiber auf den Flugblättern ankündigen. Im PopDom gibt es neben Sitzsack und Papierminikleid seltene Designmöbel von Luigi Colani und Hermann Paton sowie den Popkultur-Buchshop, einen Plattenladen und das Musikarchiv der Popmesse PopKomm.

„Du mußt da in die Rille reingehen und mit der Hand suchen.“ Was an den zwei Plattenspielern in der Garage bei ihm einfach locker aussieht, verursacht seinen Schülern Schweißausbrüche: „Da brichst du dir ja die Finger, bei dem Scratch- Tempo.“ Für 60 Mark im Monat gibt es viermal mittwochs Unterricht im DJ-Handwerk oder wahlweise an den anderen Wochentagen im Breakdance, Graffiti, Producer-Dasein oder MC- Rappen.

Die Teilnehmer zwischen 15 und 25 Jahren wollen vor allem eins: möglichst nah ran an die Szene. „Socializing ist wichtig“, bestätigt Katja Bohnet, mit 25 eine der Ältesten und eine der wenigen Frauen im Workshop. „Klar kommt man auch her, um Leute kennenzulernen“, sagt ihr Lehrer. Die Breakdance- und Rap-Seminare scheinen für Frauen attraktiver zu sein: „Am Anfang waren beim Breakdance sogar mehr Frauen.“ Aber das habe sich gewandelt, als klar wurde, „daß das kein Aerobic-Kurs ist.“ Sondern harte Hiphop-Welt eben. Den Jungs im DJ-Kurs sind Mädchen erst mal egal. Hier geht es um den richtigen Sound am Plattenspieler. Eigentlich, meint Haagen, kann er den Leuten nicht richtig beibringen, DJ zu sein: „Wie weit einer kommt, hängt immer von den Leuten selbst ab.“ Und auch davon, wieviel Möglichkeiten zum Üben er zu Hause hat.

Die Grundlagen kann Haagen aber doch vermitteln: Wie ein Beat aufgebaut ist beispielsweise. Da geht es dann um Viervierteltakt und Baßläufe. „In der Schule machen wir das höchstens mal so am Rande“, meint der 15jährige Robert Rosshoff. Im Lateinunterricht malt er lieber Graffiti-Entwürfe ins Skizzenbuch. Er will beim DJ- Workshop für ein Bandprojekt dazulernen. Seine Kursgebühren zahlen die Eltern. Was aber in den meisten Fällen fehlt, ist die Möglichkeit, Hausaufgaben zu machen: Wer hat zu Hause schon zwei Plattenspieler mit Mischpult stehen? Cornelia Fuchs

Kontakt: (0221) 747011