Irans konservative Theokraten schlagen zurück

■ Mit Gesetzen und Verhaftungen soll die Politik von Präsident Chatami sabotiert werden

Berlin (taz) – Irans konservative Theokraten haben dem vergleichsweise moderaten Präsidenten Mohammad Chatami gleich mehrere schwere Rückschläge verpaßt. Am Sonntag verabschiedete das Parlament der Islamischen Republik einen Gesetzesentwurf zur Geschlechtertrennung in Krankenhäusern. Künftig sollen Frauen nur noch von Frauen behandelt werden und Männer von Männern. Über die Einhaltung wird ein „Hoher Rat“ im Gesundheitsministerium wachen. Kritiker sprechen von einer „Talibanisierung“ Irans – in Anspielung auf die in Afghanistan herrschenden Taliban, die Frauen fast vollständig aus dem öffentlichen Leben verdrängt haben. Zudem darf gerätselt werden, woher nun genügend Ärtztinnen kommen sollen, um die Patientinnen zu behandeln.

Am gleichen Tag berichtete das staatliche iranische Fernsehen, 150 der insgesamt 270 Parlamentsabgeordneten hätte einen offenen Brief unterschrieben, wonach der einst von Revolutionsführer Ajatollah Ruholla Chomeini gegen den britischen Autor Salman Rushdie verhängte Mordaufruf weiterhin gültig sei. Im vergangenen Monat hatten Präsident Mohammad Chatami und Außenminister Kamal Charasi erklärt, das Thema der Fatwa gegen Rushdie sei erledigt. In dem offenen Brief heißt es dagegen: „Wir versichern allen Muslimen der Welt, daß nichts außer den Bestimmungen Gottes und des Imams Chomeini im Iran glaubwürdig sind. Niemand hat das Recht, einen anderen Weg einzuschlagen.“

Bereits vor zwei Wochen hatten iranische Behörden die Zeitungen Tus und Dschameah Salam verboten. Vor allem Tus gilt als chatamifreundlich. Die Zeitung war Anfang des Jahres unter dem Namen Dschameah gegründet, dann verboten und als Tus neu herausgegeben worden.

In der vergangenen Woche wurden dann vorübergehend sechs iranische Literaten festgenommen, darunter Huschang Golschiri, Irans bedeutendster Schriftsteller. Der Grund: Alle hatten zur Unterzeichung einer Charta eines unabhängigen Schriftstellerverbandes aufgerufen.

Beobachter in Teheran vermuten hinter den Maßnahmen eine konzertierte Aktion der Konservativen zur Sabotage der Politik Chatamis. Ebenfalls erneut in Schußlinie geraten ist die religiöse Minderheit der Bahai. Nach Informationen des Nationalen Geistigen Rates der Bahai in Deutschland wurden in den letzten Tagen in 14 iranischen Städten insgesamt 32 Anhänger dieser Religion verhaftet – allesamt Lehrer. In der vergangenen Woche waren zwei Todesurteile gegen iranische Bahai bekanntgeworden. Thomas Dreger