Arbeitsplätze? Können wir ja gar nicht zusagen!

■ Wenn Journalisten die Positionen von Arbeitgebern, Regierung und Gewerkschaften einnehmen

Ich war mal Arbeitgeberpräsidentin. Und als solche nahm ich an den Gesprächen für ein Bündnis für Arbeit mit der neuen Bundesregierung teil. Versprechen über die Schaffung von Arbeitsplätzen konnte man von uns natürlich nicht erwarten. Können wir ja gar nicht zusagen, denn unsere Mitgliedsunternehmen sind bekanntlich nicht weisungsgebunden. Vielmehr wollten wir der neuen Regierung die USA als Vorbild ans Herz legen: mit freiem Unternehmertum und möglichst geringen staatlichen Interventionen die Arbeitslosigkeit auf ein Minimum drücken.

Aber, wandte einer während der Vorbesprechungen ein, man hätte doch in letzter Zeit oft gehört, daß sie in den USA nun schon jeden einstellen müßten, weil der Arbeitsmarkt leergefegt sei. Noch schlimmer: die Arbeitnehmer seien inzwischen in der Position, höhere Lohnforderungen durchzusetzen. Das hat uns überzeugt. Der soziale Frieden ist für uns Unternehmer ja wichtig, Instabilität ganz schlecht fürs Geschäft. Aber zu niedrig darf die Arbeitslosenquote auch nicht sein.

Die Gewerkschaftsseite, angeführt von Zeit und Capital, ging radikal in die Verhandlungen. 16 Jahre Bescheidenheit hatte ihnen die Kohl-Regierung aufgezwungen. Jetzt sollte die sozialdemokratische Regierung erst mal damit konfrontiert werden, was die Arbeitnehmer von ihr erwarten.

Was höhere Löhne mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu tun haben, das zu erklären gaben sich die Gewerkschaftsfunktionäre nur wenig Mühe. Sie murmelten nur etwas von „nachfrageorientierter Politik“, die – das sei doch das Einmaleins der Wirtschaftslehre – zu Wachstum und damit irgendwann automatisch zu mehr Jobs führen würde. Aber wir Unternehmer wissen natürlich, daß wir beim besten Willen keine Arbeitsplätze schaffen können, wenn jeder einzelne viel zu teuer ist. Bei diesen Lohnnebenkosten!

Der Kanzler, im Zivilleben Bonner Korrespondent des Stern, geriet ins Schwitzen. Die Zeit drängte. Das erste und vornehmste Projekt der neuen Regierung – und schon gescheitert? Der neue Arbeitsminister von der Berliner Zeitung war ein Grüner. Wir ahnten schon, was jetzt kommen würde: Ökosteuern! Eloquent stellte er sein Modell vor, das der Kanzler in den Koalitionsverhandlungen noch abgelehnt hatte. Als erstes nahm er uns Arbeitgebern geschickt den Wind aus den Segeln, indem er unser Argument der Lohnnebenkosten aufgriff und eine Senkung in Aussicht stellte. Die Gewerkschafter sahen die Chance, vielleicht doch höhere Tarifabschlüsse durchzubekommen. Der Kanzler schluckte. Die Presse draußen jubelte: Der Durchbruch war da. Nicola Liebert