Kommentar
: Subtile Signale

■ Der Konflikt um Garzweiler II stört die rot-grüne Harmonie

Während in Bonn SPD und Grüne eine fast unheimliche Eintracht demonstrieren, wird in Düsseldorf die Koalition einer harten Belastungsprobe ausgesetzt. Wieder einmal geht es um den Braunkohletageabbau in Garzweiler II. Doch der Streit ist nur vordergründig. Das umstrittene Vorhaben wird nun, vor der Projektionsfläche der Koalitionsverhandlungen in Bonn, zum Instrument, mit dem der technokratisch-modernistische SPD-Flügel die Bonner Harmonie als schönen Schein zu entlarven sucht. Da mag die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn noch so sehr betonen, daß die Streitigkeiten im größten Bundesland nichts mit den Bonner Verhandlungen zu tun haben.

Subtil signalisiert die Düsseldorfer Staatskanzlei, und mit ihr der Hauptakteur Wolfgang Clement, in diesen Tagen, wer im Ernstfall „Koch und wer Kellner“ ist. Am Beispiel Garzweiler II verdeutlicht Clement noch einmal die Grenzen rot-grüner Blütenträume. Das ist nicht nur als Warnung an die Grünen, sondern auch an den linken Flügel der SPD zu verstehen, also in vorderster Linie an die von Parteichef Lafontaine symbolisierte Gegenströmung zum Kanzlerkurs Schröders.

Wer die Miene von Ministerpräsident Clement in der Wahlnacht beobachtete, ahnte, daß da einer seine schlimmste Befürchtung bestätigt sah: Rot-Grün nun auch noch auf Bundesebene. Clement erschrecktes Erstaunen war verständlich. Ihm, der schon lange mit dem rot-grünen Bündnis in seinem Land hadert, wäre eine Große Koalition im Bund zupaß gekommen. Mit ihr im Rücken hätte er den Bruch in Düsseldorf wagen können. Nach dem 27. September beschränkt er sich darauf, die Bonner Schunkelatmosphäre ein wenig aus dem Takt zu bringen. Das nächste Mal wird es dann ernst. Severin Weiland

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