Öko-Wurst jetzt frei Haus

■ Die Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft feiert zehnjähriges Bestehen / Ökologisch angebautes Fleisch jetzt im Angebot der Öko-Lebensmittel-Urgesteine

Wer den Namen des Vieches kennen will, das in Teilen gebraten auf dem Teller liegt, ist bei der Supermarktkette an der Ecke an der falschen Adresse. Auch wer zugunsten von Ökologie auf sattrosa Farben und chemische Zusatzstoffe im Fleisch verzichten will, hat es in Bremen schwer. Die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft (EVG) aus Bremen will es leichter machen: Ab sofort liefern die Öko-Lebensmittel-Vertreiber neben Obst und Gemüse auch Öko-Fleisch frei Haus. „Bei uns kann der Bauer dem Schwein noch auf den Hintern klopfen und 'moin' sagen“, preist Gernolt Reedel von der EVG die Vorteile der ökologisch angebauten Wurst an, „das geht bei Massentierhaltung natürlich nicht.“

Die EVG gehört zum harten Kern der Öko- und Projekteszene und zum Urgestein der Öko-Läden. Der neue Bringservice der EVG ist das Schmankerl für das Jubiläum, das die Genossenschaft am Samstag ab zehn Uhr zehn auf dem Goetheplatz mit einem Fest feiern. Zehn Jahre – das Gründungsdatum der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft kann mit dem 12. Oktober 1988 zwar präzise benannt werden – aber die Ursprünge des Öko-Projekts wurden schon Ende der siebziger Jahre gelegt.

Im Jahr 1979 besetzte die „Selbstversorgungsinitiative“ mit anderen linksalternativen Gruppen das Kulturzentrum Lagerhaus in der Schildstraße und übernahm zwei Räume. Selbstversorgung, das bezog sich auf Lebensmittel, die direkt vom Bauer kommen sollten. In dem einen Raum, da wo heute das Cafe des Kulturhauses Lagerhaus ist, konnte Obst und Gemüse der Saison gekauft werden, das von Öko-Bauern der Region nach Bremen gekarrt wurde. Im Keller richteten die Ini-Leute, die vor allem aus der Anti-AKW- und der Friedensbewegung kamen, eine Backstube für Öko-Brot ein. Als die Genossenschaft gegründet wurde, zog man aus dem Lagerhaus aus.

Gewachsen ist das Projekt längst. In Pusdorf, Schwachhausen, Lilienthal und im Ostertor gibt es inzwischen selbstorganisierte Bauernläden, in denen die GenossenschaftlerInnen ihre ökologischen Lebesnsmittel einkaufen können. 650 Menschen haben Genossenschafts-Anteile zu 100 Mark gezeichnet. Auf Dividende kann niemand hoffen, so steht es in der Satzung. Der Lebensmittelverkauf hat sich zum „Standbein“ der EVG entwickelt, vor allem, seitdem vor fünf Jahren die „Öko-Kiste“ zusätzlich gegründet wurde, ein Bringdienst von Öko-Lebensmitteln. Eine Millionen Mark Umsatz will die EVG damit letztes Jahr gemacht haben.

Mit der Kooperation mit dem „Verein SozialÖkologie“ kam ein „Spielbein“ dazu: „SozialÖkologie“ arbeitet eng mit der EVG zusammen und will mit Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit den ökologischen Landbau der Region fördern. Trotz des Erfolges beim Lebensmittelverkauf hat die Genossenschaft ihre politischen Forderungen nach einem ökologischen Umdenken nicht zu gunsten des Profits fallengelassen. „Bei uns stehen immer noch die Inhalte im Vordergrund“, so Gernolt Reedel. cd