Gemeiner Heartcore mit acht Stützstrümpfen

■ Die Schweizer Frauen-Kabarettgruppe Acapickels mischt die Ufa-Fabrik auf

Knackch, knackch. Eigenartige Worte benutzen die freundlichen Alpenbewohner mit den Präzisionsuhren zuweilen: Chuchichaschtli zum Beispiel. Oder Velo, mit der Betonung auf dem weichen „We“. Daß Dialekt allein nicht lustig macht, haben bayerische Entertainer (dürfen die sich überhaupt so nennen?) hinreichend bewiesen. Daß Dialekt plus Ideen plus Musikalität plus Selbstironie plus Trashfaktor 9 auf einer Skala von 1 bis 10 allerdings sehr lustig sein kann, das beweisen vier Schweizer Damen in aufeinander abgestimmt unifarbenen Kostümen und Omahandtäschchen.

Sie schminken sich wie die Golden Girls, setzen Kassengestelle auf die Nasen und lassen schreiend bunte Strumpfhosen unter der unvorteilhaften Rocklänge hervorlugen: Die Acapickels sind eine „Damenkabaretttruppe“, die a cappella oder hin und wieder von Blockflöten begleitet komische Lieder singt. Und zwar mit glockenhellen, alpenechogewöhnten Stimmen, eben „die einzig wahre heart-chor Band“. Was macht das schon, daß der Titel ihres Programms „Mit Hirn, Harn und Melodien“ eine recht blöde Verballhornung der leidgeprüften Krimiserie ist.

An der Grenze zu „recht blöde“ sind ihre Witze manchmal, aber gerade darum gut. Richtig schön albern sind die „vier Stimmen, acht Stützstrümpfe“, und sie veralbern sich selbst wie die anderen. Frauenthemen werden besonders gerne auseinandergenommen: das prämenstruelle Syndrom zum Beispiel, bei dem „man manchmal einen Tobsuchtsanfall kriegt, weil der Schlüssel nicht vom Ring abgeht“ (Helga Schneider aus St. Gallen). „Menstruation“ heißt darum auch einer ihrer Hits, in dem sie der Frage nachgehen, was wäre, wenn die Russen mal im Keller der Herren der Schöpfung nerven würden. Natürlich macht das kehlige Idiom die Sache absurder, der biedere Nachgeschmack der Sprache (kann man sich überhaupt einen Schweizer Schnorrer vorstellen, „cham's vielleicht amal a paar Rappen?“) unterstreicht den zur Schau gestellten Außen-Etepetete-Innen-Trash-Habit. Eine der Damen rülpst hin und wieder vernehmlich, und das sieht wunderbar aus zu der hochtoupierten Perücke und der zierlichen Art, das Handtäschchen zu halten. Die Schweizer Charly's Tanten tragen natürlich diese Art von Handtäschchen, die für die „Gedränge nur dem Dieb gefällt, drum Augen auf und Hand aufs Geld“-Aufkleber Modell lagen. Sie tragen auch Ansteckblumensträußchen auf dem Revers der schnieken Hausfrauenkostüme, die „man in Zürich überall, in jedem Laden kriegt“ (Helga Schneider).

Vielleicht kann man nicht unbegrenzt oft über Outfit und Gestus der vier grinsenden und singenden Wuchtbrummen lachen. Die Inhalte halten aber allemal ein paar Abende stand. Die Damen sind pfiffig und manchmal gemein, ohne den bei Kabarettistinnen beliebten Brigitte-Feminismus- Touch, also Witze über die Themen, die in der Tantenzeitung die Psycho-Seiten auf recyceltem Papier füllen. In natura sind sie übrigens auch schnell und schnippisch. Aber dann pflegen sie so zu mundarteln, daß die arme norddeutsche Rezensentin nur Bahnhofsstation versteht. Jenni Zylka

Vom 7.–17.10., ab 20 Uhr, Ufa- Fabrik, Viktoriastr. 10–18