BVG-Privatisierung in der Kritik

■ Das von der Bahn AG vorgeschlagene BVG-Privatisierungsmodell wird von fast allen Seiten abgelehnt. Nur CDU sieht positive Aspekte

Von fast allen Seiten hagelte es gestern scharfe Kritik am Vorschlag der Bahn AG zur Zukunft der BVG. Vor allem die SPD ging auf Distanz zu dem Konzept, das die Gründung einer Berliner Verkehrsholding durch Land und Bahn vorsieht. „Ich glaube nicht, daß die Verteilung der Lasten auf diese Art geregelt werden kann“, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Böger.

Böger bemängelte, daß die Gewinne des Nahverkehrs sonst der Bahn zugute kämen, die Risiken hingegen ausschließlich dem Land aufgebürdet würden. Laut Vorschlag der Bahn soll die bisherige BVG ihr Personal behalten sowie Schienen und Fahrzeuge bereitstellen, die Holding aber den gewinnträchtigen Betrieb übernehmen. Über die Aufteilung von Einnahmen und Ausgaben müßten weitere Verhandlungen Aufschluß geben, erklärte Böger. Er schlägt vor, zusammen mit Gewerkschaft, Personalrat, BVG-Vorstand, Bahn und Senat die bisher vorgestellten Konzepte zu diskutieren. „Grotesk und lächerlich“ sei es allerdings, die Gründung der Holding schon für Januar 1999 anzustreben, wie die Bahn es tue, meinte Böger.

SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler sieht in dem Bahn- Konzept kaum Lösungen im Vergleich zur heutigen Situation der BVG. Im übrigen sei es „nicht nachvollziehbar“, warum langfristig bis zu 7.000 Beschäftigte reduziert werden sollten, wenn Unternehmensberatungen bislang nur von 2.000 bis 3.000 überschüssigen Arbeitsplätzen ausgegangen waren. „So habe ich mir Synergien zwischen BVG und Bahn nicht vorgestellt“, sagte Gaebler.

Für den bündnisgrünen Verkehrsspezialisten Michael Cramer braucht der Nahverkehr „keine andere Unternehmensorganisation, sondern eine andere Verkehrspolitik“. Der Schlüssel zur Lösung liege in der Ausdehnung des Verkehrsangebotes für die Bevölkerung und der Förderung der preiswerten Straßenbahnen, während die Bahn AG das Gegenteil, nämlich die Reduzierung der Strecken vorsehe. Ebenso ablehnend äußerte sich die Gewerkschaft ÖTV, die für die kommende Woche eine Betriebsversammlung bei der BVG anberaumt hat. Auch die PDS und der Bund Umwelt und Naturschutz protestierten.

Wenige sahen positive Aspekte. Zu ihnen gehört CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, der zusammen mit SPD-Kollege Böger die Bahn AG überhaupt in die Überlegungen eingebunden hatte. Wenn das Vermögen der BVG in der Anstalt öffentlichen Rechts bleibe, sei es nur folgerichtig, wenn auch die Pensions- und Lohnzahlungen von dort geregelt würden, so Landowsky. In den Verhandlungen werde sich im übrigen zeigen, daß das Land als Anteilseigner der zukünftigen Holding auch an ihrem Gewinn beteiligt werde. Unter dem Strich würden sich die Belastungen des Landes damit verringern. Hannes Koch

Berichte Seite 9 und 22