„Christen müssen Flüchtlinge aufnehmen“

Verfahren wegen Kirchenasyl gegen Pastor Arndt eingestellt  ■ Von Kai von Appen

„Das ist ja Rufschädigung.“ Der Hamburger Pastor Christian Arndt war mehr als überrascht, als ihm vor wenigen Tagen ein Brief der Justizbehörde an den GAL-Abgeordneten Mahmut Erdem in die Finger gelangte. Darin behauptet Michael Stallbaum vom Justizamt, zuständig für die Dienstaufsicht von Gerichten und Staatsanwaltschaften, ein Verfahren gegen den Pastor wegen Kirchenasyls und „Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz“ sei aufgenommen worden, weil er sich „selbst bei der Polizei angezeigt“ habe. Über seine Anwältin Gabriele Heinecke verlangt Arndt nun eine offizielle Gegendarstellung.

Das Verfahren wegen Kirchenasyls, weswegen schon mehrere Geistliche in dieser Republik verurteilt worden sind, war zunächst offenkundig hoch angesetzt worden. Arndt hatte im Juli 1997 zwei von Abschiebung bedrohten kurdischen Familien in der Friedenskirche in Altona Obhut gewährt. „Wir hatten bei der Polizei und Feuerwehr Bescheid gesagt, daß sie sich nicht wundern sollen, wenn nachts in der Kirche Licht brennt“, erinnert sich Arndt. „Auch sollte die Polizei auf Verdächtiges achten, da es in dieser Zeit auf die Ottenser Christuskirche einen Brandanschlag gegeben hatte. Mehr nicht!“, beteuert Arndt.

Obwohl das Landeskriminalamt das Agieren Arndts nicht verfolgte, leitete ein Oberstaatsanwalt ein Verfahren ein. „Das war ein ganz normaler Vorgang“, meint Justizbehördensprecherin Annette Pflaum. „Es herrscht das Legali-tätsprinzip, und Kirchenasyl ist nach dem Gesetz rechtswidrig.“

Zur Überraschung Arndts flatterte ihm vor kurzem ein Einstellungsbescheid wegen „Geringfügigkeit“ ins Haus. Arndt kann sich das nach den Verurteilungen andern-orts nur so erklären, daß in Hamburg der öffentliche Druck zu hoch war, um ihm den Prozeß zu machen. Denn mittlerweile haben die kurdischen Familien vor Gericht eine Duldung zugestanden bekommen. „Bei einem Prozeß hätten die Behörden eingestehen müssen, daß die damals verfügte Abschiebung unrechtmäßig gewesen ist.“ Sicher ist der Theologe noch heute, daß „die Familien abgeschoben worden und Folter ausgesetzt gewesen“ wären, wenn sie nicht in der Friedenskirche Schutz gefunden hätten.

Nun strebt Arndt eine Grundsatzentscheidung an: „Es ist dringend notwendig“, meint er, „daß die symbolische Verletzung von Gesetzen durch Kirchenasyl verfassungsrechtlich geklärt wird.“ Wenn es erforderlich sei, so der Pastor, würde er – und sicherlich auch viele KollegInnen – wieder so handeln. „Christen können nicht anders, als Flüchtlinge aufzunehmen. Kein Mensch ist illegal.“

Die Behauptung von der „Selbstanzeige“ ist für Arndt nur eine „Ausrede“ der Justizbehörde, um das Verfahren einstellen zu können. Annette Pflaum dementiert: „Die Einstellung des Verfahrens erfolgte wegen geringer Schuld und nicht, weil Herr Arndt das Kirchenasyl selbst angezeigt hat.“