Durch den Tschad bekommt Kabila Schutz aus Paris

■ Über 1.000 Soldaten aus dem Tschad sollen Kabila im Kampf gegen Rebellen helfen. Die Militärintervention markiert die Rückkehr des Kongo ins frankophile Lager in Afrika

Berlin (taz) – Als der Verteidigungsminister des Tschad diese Woche die Demokratische Republik Kongo besuchte, war es wie ein Nostalgietrip in das frühere Zaire von Mobutu Sese Seko. „Wir sind gekommen, um das kongolesische Volk wissen zu lassen, daß das tschadische Volk eine moralische Schuld gegenüber den Kongolesen hat“, sagte Minister Omar Kadjallami in Kongos Hauptstadt Kinshasa. „Als Tschad 1983 Probleme hatte, war die Armee des früheren Zaire die erste, die zur Rettung kam.“ Dann besuchte Kadjallami Mobutus Geburtsort Gbadolite.

Kadjallami hatte für den Kongo nicht nur schöne Worte übrig. Zwischen 1.000 und 2.000 Soldaten aus dem Tschad sollen mittlerweile auf seiten der Armee von Präsident Laurent Kabila im Kongo am Krieg gegen die von Ruanda und Uganda unterstützten Rebellen im Osten des Landes mitkämpfen. Die afrikanische Pro-Kabila-Koalition war ursprünglich auf Angola, Simbabwe und Namibia beschränkt – nun hilft erstmals ein Land des frankophonen Afrika dem Kabila-Regime, das bisher Frankreich immer feindlich gesinnt war.

Wann die Soldaten aus dem Tschad gekommen sind, wie viele es sind und was sie machen, ist nicht klar. In der einzigen offiziellen Bestätigung der Militärintervention gab Tschads Regierung am 28. September lediglich bekannt, sie leiste eine „völlige und vielfältige Unterstützung für den Kampf des kongolesischen Volkes“. Anderen Quellen zufolge sollen Einheiten der gefürchteten tschadischen Präsidialgarde mit libyschen Flugzeugen nach Kinshasa geflogen worden sein.

Tschad spielt militärstrategisch eine zentrale Rolle in Afrika. Es ist der Außenposten Frankreichs Richtung Zentral- und Ostafrika. In den 80er Jahren griff Frankreich im Tschad massiv militärisch ein, um den Einfluß des nördlichen Nachbars Libyen zurückzudrängen. Der jetzige Präsident Idriss Deby verdankt seine Machtergreifung 1990 einem französisch-libyschen Interesse an einer Beendigung ihrer Feindschaft und an Stabilität im Tschad. Seither hat sich Deby die Freundschaft von Libyen erhalten, aber auch Frankreich freie Hand bei der Nutzung tschadischen Territoriums für Militäroperationen gelassen.

Tschad ist Frankreichs Basis in Zentralafrika

Mit dieser Politik ist Präsident Deby allmählich zum starken Mann Zentralafrikas aufgestiegen. Vor allem seit 1997, als Frankreich seine Militärpräsenz in der zwischen Tschad und Kongo liegenden Zentralafrikanischen Republik aufgab, ist der Tschad die wichtigste militärische und diplomatische Basis für den französischen Einfluß in dieser Weltregion – ein Einfluß, der durch den Sturz Mobutus in Zaire im Mai 1997 stark zurückgedrängt worden war, jetzt aber durch Kabilas Rückkehr ins frankophone Lager wieder wächst. Die französische Präsenz im Tschad geht weit über die 915 dort stationierten französischen Soldaten hinaus. Das französische Verteidigungsministerium sagte vor einem Monat, Tschad stehe „im Zentrum des französischen Militärdispositivs in Afrika“.

Mit der Intervention in der Demokratischen Republik Kongo ist der Tschad nun in drei Ländern der Region militärisch aktiv geworden. Tschadische Kämpfer halfen im Herbst 1997 in Kongo-Brazzaville dem von Frankreich unterstützten heutigen Präsidenten Denis Sassou-Nguesso an die Macht. Der Tschad stellt auch den Großteil der afrikanischen Friedenstruppe, die Anfang 1997 in der Zentralafrikanischen Republik zur Beendigung einer Armeemeuterei stationiert wurde und mittlerweile zu einer UN-Blauhelmmission umgewandelt worden ist.

Daß sich Kabila dem frankophonen Afrika zuwendet, hat damit zu tun, daß sein wichtigster Verbündeter aus dem südlichen Afrika, Angola, sich offenbar weigert, offensiv an der Rückeroberung des von den Rebellen gehaltenen östlichen Landesteils teilzunehmen. An der östlichen Front, wo derzeit um den Luftwaffenstützpunkt Kindu gekämpft wird, ist Kabilas Armee daher schwach. Die Rebellen behaupten, daß in Kindu Soldaten aus dem Sudan Kabila unterstützen, darunter 400 Soldaten der früheren Mobutu- Armee, die nach Kabilas Machtergreifung nach Sudan geflohen waren. Auch der Sudan steht mit dem Tschad auf bestem Fuße.

Wie weit die frankophone Rückeroberung des früheren Zaire gehen wird, ist noch offen. Kabila hat bereits den Afrika-Beauftragten seines französischen Amtskollegen Jacques Chirac, Michel Dupuch, in Kinshasa empfangen und ist zum franko-afrikanischen Gipfel Ende November in Paris eingeladen. Dominic Johnson