Flüchtiger Flirt in Schwerin

Überraschend nahe kamen sich in Mecklenburg-Vorpommern die einstigen Koalitionspartner SPD und CDU. Trotzdem wird die SPD wohl die PDS erwählen  ■ Aus Schwerin Heike Haarhoff

Die Szene erinnerte an ein verkrachtes Paar, das krampfhaft versucht, die Fassade der Glückseligkeit aufrechtzuerhalten. Ganz in Rot-Schwarz präsentierte sich gestern CDU-Landeschefin Angela Merkel an der Seite des strahlenden designierten SPD-Ministerpräsidenten von Mecklenburg- Vorpommern, Harald Ringstorff. Von Verstimmung keine Spur.

Ungläubige Blicke bei den Journalisten. Vier Jahre lang haben sich CDU und SPD in Schwerin mit ihrer Großen Koalition gequält. Und nun möglicherweise doch eine Neuauflage?

„Frau Merkel hat, obwohl ich den Aufnahmeantrag der SPD in der Tasche hatte, ihn noch nicht eingefordert“, beliebte Ringstorff nach Abschluß der nur zweistündigen Sondierungsgespräche zwischen Landtagswahlsiegerin SPD und -verliererin CDU so gelöst wie selten zu schäkern. „Na, na“, kokettierte Merkel zurück. Eine „komplette inhaltliche Harmonie“ habe sie nicht feststellen können. Doch offenbar immerhin soviel Übereinstimmung, daß sich sowohl SPD als auch CDU vorstellen können, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Am Sonntag will die SPD entscheiden, ob sie es wirklich mit der CDU oder doch lieber mit der PDS versuchen will.

Zwar verbindet Ringstorff mit Merkel eine persönliche Sympathie. Aber im Grunde kann es sich die SPD nicht leisten, ein Bündnis mit der Wahlverliererin einzugehen. Auch an der CDU-Basis mehren sich die Stimmen, die Christdemokraten sollten sich besser auf der Oppositionsbank einrichten. Inhaltlich zieht es die SPD stärker zur PDS. Ganz deutlich wurde das gestern, als PDS und SPD ihre Sondierungsgespräche nach fünfeinhalb Stunden abschlossen. Was die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Ausbildungspolitik angehe, „sind wir uns einig“, verkündete Ringstorff. „Klärungsbedarf“ hat die PDS allerdings noch in der Finazpolitik. Strittig ist offenbar die künftige Nettoneuverschuldung. Morgen wird der PDS- Landesvorstand abschließend dazu beraten und am Samstag dem Parteitag seine Position vorstellen. Sollte es zu einer Zusammenarbeit mit der SPD kommen, so PDS- Landeschef Helmut Holter, werde diese „partnerschaftlich und gleichberechtigt“ sein. Ob das Tolerierung oder Koalition bedeute, entscheide der Parteitag. Holter selbst ist klarer Koalitionsbefürworter.

Kritik an der rot-roten Annäherung ließ nicht auf sich warten. So erklärte der Präsident der Industrie- und Handelskammer von Schwerin, Hansheinrich Liesberg: „Für mich als gebürtigen Ostdeutschen ist es unvorstellbar, daß die PDS Regierungspartei werden könnte.“