Vom Atom zur Zwiebel: Am Sonntag können Bremer Jugendliche prominente Menschenrechtsaktivisten aus aller Welt kennenlernen

„Früher habe ich als Pfarrer gearbeitet, dann als Präsident, heute als Bürger“, meint Jean-Bertrand Arsitide lakonisch auf einer Pressekonferenz zum 5. Kongreß „Visionen menschlicher Zukunft“. Doch ganz sicher nicht sein zwölfjähriger Einsatz für obdachlose Kinder ist der Grund dafür, daß Aristides PKW vor zwei Wochenbei einem Sprengstoffattentat zerstört wurde. Eher schon seine erneute Kanditatur für das Amt des haitianischen Präsidenten (li.). Die drei symbolkräftigsten Gäste des diesjährigen Visionen-Kongresses sind nicht Fußzonenreflexmassierer sondern allesamt Kämpfer an der politisch-ökonomischen Front. „Spiritualismus und Traumanalyse ist ja schön und gut“, meint Rigoberta Menchú (re.), Friedensnobelpreisträgerin von 1992, sie persönlich interessiere sich aber eher für „reale Probleme“, wie die Menschenrechtslage der guatemaltekischen Indios. Am Sonntag zwischen 11 Uhr und 13 Uhr hat Bremens Jugend die einmalige Chance, in der oberen Rathaushalle mit Menschen zu diskutieren, die Kopf und Kragen riskierten. „Jugendkonferenz“ nennt sich das Unterfangen zwar zeitgeistig aber nicht blöde, „Zukunft“ das Thema. Dritte VIP der Gesprächsrunde wird Vandana Shiva sein, Trägerin des alternativen Nobelpreises. Einst betrieb sie Quantenphysik, heute schlägt sie sich mit anderen irdischen Mysterien herum, etwa die plötzliche Preissteigerung bei Zwiebeln auf das 60-fache in Indien. Der Weltmarkt, klagt sie, zwingt die Inder zum Beispiel auf die gewohnte Vielfalt an Fetten (Kokus, Sonnenblumen, Leinsamen) zu verzichten und statt dessen auf traditionsfremdes genmanipuliertes Sojaöl auszuweichen. Wie ein Diktator dringe er selbstherrlich in private Lebensgewohnheiten ein. Die supranationalen Gremien, meint Menchú, interessierten sich nur für Abstrakta. Auch bei den jetzigen Diskussionen um den IWF „sorgt man sich aufs Innigste um Wohl und Weh des freien Marktes. Ein paar hundert Millionen hungernder Russen, Inder, Indonisier scheren keinen.“ bk/ F: Hoppens