■ Die rot-grüne Koalition will eine ökologische Steuerreform
: Die Quadratur des Kreises

So schön war es damals, als man noch in der Opposition war. Da konnte die SPD sich prima als Partei der ökologischen und sozialen Erneuerung präsentieren, die mit Hilfe von Ökosteuern zugleich die Arbeitslosigkeit und den Umweltverbrauch senkt. Jetzt, da sie sich in der Regierungsverantwortung sieht, macht sich in der Partei die Befürchtung breit, die autofahrende Wählerklientel könnte merken, daß Ökosteuern, die etwas bewirken, auch etwas kosten.

Möglichst nur um sechs Pfennig will der künftige Kanzler Gerhard Schröder den Liter Benzin verteuern, allerhöchstens aber um zehn Pfennig. Dennoch schrie die Chemieindustrie gleich „Katastrophe“, und das BDI-nahe Institut der deutschen Wirtschaft mahnte gestern scheinheilig, die Erhöhung der Mineralölsteuer treffe vor allem die sozial Schwachen und laufe deswegen dem sozialen Anspruch der SPD zuwider. So etwas trifft die Genossen natürlich.

Als hätte sie die Wahl erst noch zu gewinnen, verheißt die SPD nun statt dessen lieber jedem Wohltaten, getreu dem Kohlschen Motto: „Es wird niemandem schlechter gehen als vorher, dafür vielen besser.“ Die unteren und mittleren Einkommensschichten sollen von der Einkommensteuer entlastet werden (macht eben mal 38 Milliarden Mark), das Kindergeld wird aufgestockt (fünf Milliarden).

Und natürlich, das ist ja der Kern einer ökologischen Steuerreform, sollen auch die Lohnnebenkosten gesenkt werden, zunächst um ein Prozent – macht 15 Milliarden Mark. Kleinere Finanzierungsprobleme werden dabei einfach beiseite geschoben. Denn selbst eine um zehn Pfennig höhere Mineralölsteuer bringt nur halb soviel in die Kasse wie für die angepeilte, magere Senkung der Lohnnebenkosten nötig. Bleibt zu erwähnen, daß vor zwei Tagen die künftigen Koalitionäre ohnehin schon allzuhoch gesteckte Erwartungen an Rot-Grün mit dem Hinweis auf die Hinterlassenschaft der alten Regierung dämpften: ein Haushaltsloch von 20 Milliarden Mark.

Eine ökologische Steuerreform ist ein cleveres Konzept, das ein ökologisches Umschwenken mit einer Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu kombinieren vermag. Das genügt der SPD aber nicht. Darüber hinaus verspricht sie Entlastungen für Steuerzahler und will dazu noch verhindern, daß irgend jemand merklich belastet wird. Sie will die Quadratur des Kreises – und wird scheitern.

Der Effekt ist abzusehen: Enttäuschung und Politikverdruß, geradeso wie in den bleiernen Kohl-Jahren. Und, was schlimmer ist, das Konzept der Ökosteuer droht auf längere Zeit als gescheitert in der Versenkung zu verschwinden. Nicola Liebert