■ Bonn apart
: Sechs Frauen zum Bill? Dann gnade uns Gott. Oder?

Donnerstag, gegen 18 Uhr. Flughafen Köln/Bonn. Die Maschine steht zum Abflug nach Washington bereit. Ziel: Besuch beim Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Bill Clinton. In das Flugzeug steigen ein, verspätet, weil die Koalitionsverhandlungen sich länger hingezogen haben: Heidemarie Wieczorek-Zeul, Monika Wulf-Mathies, Antje Vollmer, Kerstin Müller sowie zwei Beraterinnen. So hätten es die Frauen bei SPD und Grünen wohl gerne. Geht aber natürlich nicht.

Würde Clinton für eine Anspielung auf Monica Lewinsky halten, würde in Gedanken eine teure Zigarre zerbröseln, wäre kein Schröder da, um ihm eine neue anzubieten, wäre Clinton schrecklich wütend, würde sich trösten gehen, würde diesmal Kenneth Starr persönlich dabei sein, würde Clinton in Schmach und Schande aus seinem Amt gejagt, würde Clinton Deutschland verantwortlich machen, würde uns nur noch Gott gnädig sein. Wie gut, daß nur Männer zum Bill geflogen sind.

Derselbe Donnerstag, 20 Uhr. Eine Sozialdemokratin und eine Grüne treten vor die Presse und verkünden die Ergebnisse der Koalitionsverhandlung. Und dann passiert's: Die eine der beiden hat eine Laufmasche in Höhe der linken Wade, die Kameras zoomen genau darauf zu, ziehen die Blicke der Umstehenden wie magisch mit sich, die Laufmasche wird größer und größer, bis die Rednerin es merkt und schreit und schreit und schreit, Fensterscheiben zerbersten, die Journalisten geraten in Panik, stürzen dem Ausgang entgegen, rennen sich gegenseitig über den Haufen, und niemand kann mehr über die schönen Ergebnisse der Koalitionsverhandlung schreiben.

Aber ruhig Blut. In Wirklichkeit traten ja Oskar Lafontaine und Jürgen Trittin vor die Medien.

Trotzdem tun die Frauen so, als wenn es ohne sie nicht ginge. Wollen eine Bundespräsidentin. Ist doch unerhört. Oder etwa nicht? Aber was wäre dann? Schröder und Lafontaine hätten ihr Versprechen gegenüber Johannes Rau gebrochen, sie stünden als Lügner da, ihre Position wäre geschwächt, jetzt würden auch die Ostdeutschen aufbegehren, würden auf Wolfgang Thierse als Bundestagspräsident bestehen, Schröder würde abdanken und Lafontaine gleich mit, weil kein Blatt Papier zwischen sie paßt, Neuwahlen würden erforderlich und die neugegründete Männerpartei würde die absolute Mehrheit erringen. Das hätten die Frauen dann davon. Markus Franz