Bloß nichts klären

■ Tagung in Hamburg fordert Rechte für „Blinde Passagiere“ ein

Daß die Hafenstadt Hamburg jährlich rund 100 Menschen als „Blinde Passagiere“ auf einem Schiff erreichen, ist weitgehend unbekannt. Denn wer an Bord entdeckt wird, verläßt den Frachter in der Regel nie. „Blinde Passagiere“, auch „stowaways“ genannt, werden von der Wasserschutzpolizei an Bord verwahrt, bis das nächste Schiff ins Herkunftsland sie mit zurücknehmen kann. Rund 30 TeilnehmerInnen einer Tagung forderten am Wochenende in Hamburg, „stowaways“ ein ausländerrechtliches Verfahren zu ermöglichen.

Das könnte seinen Gang nehmen, würden „Blinde Passagiere“ als in die Bundesrepublik eingereist gelten. Denn wenn sie an Bord entdeckt werden, erläßt die Wasserschutzpolizei noch dort einen sogenannten Zurückweisungsbeschluß. Die Rückfahrt ist damit schon angeordnet, ehe der „Blinde Passagier“ überhaupt nach seinem Grund für die waghalsige Überfahrt befragt wurde. Nur wer schon vorher um seine rechtlichen Möglichkeiten weiß, kann etwa einen Asylantrag stellen – und hoffen, daß dieser zur Kenntnis genommen wird.

„Den deutschen Behörden geht es allein um die Rückschiebung der stowaways“, sagte Reimer Dohrn, Teilnehmer des Kongresses, am Wochenende. „Daß die Situation der Flüchtlinge geklärt wird, ist nicht vorgesehen.“ Deshalb, so die Forderung der TagungsteilnehmerInnen, sollte für die Schiffsbesatzung und die Wasserschutzpolizei zur Pflicht erhoben werden, an Bord aufgegriffene Flüchtlinge offiziell zu melden, etwa beim Ausländerbeauftragten oder bei der Rechtsanwaltskammer. Die könnten dann eine rechtliche Beratung anbieten. Zudem sollten die „Blinden Passagiere“ wie andere Flüchtlinge auch in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden, wo sie bleiben können, bis ihr Verfahren abgeschlossen ist.

Diese Forderungen, so Dohrn, stünden im Einklang mit denen der Seeleute selbst und der Reedereien. Auch für die sei die Situation auf dem Schiff unerträglich, wenn sie „stowaways“ ins Herkunftsland zurückbringen müssen. Da diese als „Illegale“ gelten, müssen sie an Bord nämlich wie Gefangene ständig bewacht werden. ee