Über die erotische Lust am Kochen

■ Astrid Müller inszenierte mit Laien in der Kulturwerkstatt Westend ein spaßiges Stück namens „Ran an' Speck“

Herr Schmattke, der drangsalierende und nötigende Chef eines Restaurants, kommt zu einem wichtigen Termin nicht. Später erfährt man über die Nachrichten, er sei auf geheimnisvolle Weise verschwunden. Acht Frauen der Küche und des Service stehen auf einmal allein da und müssen den anspruchsvollen Abend schmeißen, denn es sind illustre Gäste gekommen – wir, das Publikum. Ohne Chef leben die Frauen ihre Ängste, ihre Lüste, ihre Neide, ihre Liebeskummer, ihre Hoffnungen, ihre Wut aus: Mit „Ran an' Speck“ – Weibsgeflüster mit Zwiebeln und Musik“ bietet die Kulturwerkstatt Westend eine ihrer öffentlichen Produktionen mit Laien. „Die Frauen“, so die Projektleiterin und Regisseurin Astrid Müller, „wollten irgendetwas über Küchenlieder machen.“ Und etwas über das Verhältnis zum Kochen. Und so entstand die dramaturgische Idee vom verschollenen Herrn Schmattke.

Indem wir also auf unser Menü warten, geht im wahrsten Sinn des Wortes die Post ab. Denn reichlich sind die Sketche mit Musik garniert, wofür alle Gesangsunterricht nahmen. Pia arbeitet nur in dem Restaurant, weil sie ihr Gesangsstudium in New York verdienen muß, Katja ist von einem verlassen worden, Pia präsentiert ihre Mordgelüste an Männern, indem sie einen Kürbis zertrümmert. Die Lieder wurden arrangiert und zum Teil auch geschrieben von Norbert Ellrich. Marlene Dietrichs „Ich werde dich lieben!“, aber auch Claire Waldorfs „Ran an' Speck“ wurden zu heftig applaudierten Höhepunkten. Und vor allem war die Rede von der auch erotischen Lust am Kochen. Auch wenn nicht immer alles einer einigermaßen dramaturgischen Logik standhielt und einiges streichender Kritik hätte unterzogen werden müssen, so ist unter dem Strich doch von einem variantenreich und wunderbar deftig ausgeführten Einfallsreichtum zu berichten, von der Komik aufmunternder Selbstironie. Katja formt sich aus dem Teig erstmal einen Busen, eine der Frauen wird mit Schlagsahne eingesprüht und abgeschleckt, und das Abschmecken von Suppe führt zu einem Orgasmus, weil die Fettaugen auf ihr „solche Wonneproppen“ sind. Die Truppe strengt sich kräftig an, das Menu für uns hinzukriegen und irgendwie serviert sie so nach und nach einen Apéritif, eine interessante Zwiebel-Orangenvorspeise und am Ende eine leckere Gemüsesuppe ...

Der kurzweilige Abend schöpft die musikalischen – Akkordeon, Schlagzeug, Gitarre und Kontrabass – und darstellerischen Reserven der Truppe geschickt und voll aus. Auch trägt viel unfreiwillige Komik dazu bei, daß der Abend jenseits perfekten Profitums ganz einfach unglaublichen Spaß macht.

usl