■ Mit Gebäudereinigern auf du und du
: Putzen unter Tarif

Berlin (taz) – Gebäudereinigung gilt als das „beschäftigungsintensivste Handwerk in Deutschland“, so die Bundesinnung Gebäudereinigung. Zwei Prozent aller Erwerbstätigen, also 705.000 Menschen, fänden als „Putzer, Wischer und Schrubber“ ihre Beschäftigung, erklärt die Innung. Daß rund ein Drittel der Angestellten nur „geringfügig beschäftigt“ sind, ist für sie zweitrangig. Denn Arbeitslosigkeit sei im Gebäudereinigerhandwerk ein Fremdwort: „260 Lehrstellen sind bundesweit unbesetzt.“

Weit mehr als nur ein Drittel der Gebäudereiniger „fallen in die unterste Lohnklasse“, warnt dagegen Rainer Knerler, Geschäftsführer der IG BAU. Weil sich „mit 620 Mark im Monat keine Familie ernähren läßt“, sei es auch nicht verwunderlich, daß Lehrstellen frei blieben. Den Unternehmern hingegen ist der Sozialstaat zu bürokratisch: Einhaltung der Tarifverträge sei unter dem permanenten Konkurrenzdruck kaum möglich.

Laut Johannes Bungart, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbandes, haben die Reinigungsfirmen derzeit sowieso neue Ziele im Auge: Gefragt sei heute nicht mehr der fixe Putzdienst ein-, zwei- oder dreimal wöchentlich, sondern das „globale Gebäudemanagement“ vom Hausmeister- und Sicherheitsdienst bis hin zur Kantinenbewirtschaftung. Bei konsequenter Fremdvergabe der Reinigung könnten die Kommunen rund zwei Milliarden Mark jährlich einsparen. „Da ist was dran“, erkennt Gewerkschafter Knerler. Professionelle Firmen hätten moderneres Gerät, „arbeiten schneller und oftmals auch billiger“. Doch die Tarife seien bei Privatunternehmen „einfach schlechter“. Die Gebäudereiniger versuchen, ihr Image zu verbessern. Das zeigt die auffallend häufige Verwendung von Bezeichnungen wie „ökologisch“, „umweltfreundlich“ oder „naturnah“ in der Branche. Solarbetriebene Duftspender und „umweltfreundliche“ Ultraschallreiniger sollen ablenken von der „konventionellen“ Reinigungstechnik. Auch wenn diese laut Kuhnert „gewaltige Fortschritte“ in puncto Umweltschutz erreicht hätte. Mit den giftigen Säuren, die beim Arbeiten früher „vom Wind durch die Luft geweht wurden“, sei es endgültig vorbei. Stefano Recchia