Schwarze Füße jetzt in roten Socken

■ Wolfgang Schäuble öffnet die Union für ehemalige SED-Mitglieder. Nicht alle in der CDU freuen sich über den erhofften Mitgliederzuwachs

Berlin (taz) – Wolfgang Schäuble verkündet schon vor seiner Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden eine erste Kurskorrektur. Ausgerechnet unter der Überschrift „Wolfgang Schäuble verteidigt die Grundwerte der Christlich-Konservativen gegen den Zeitgeist“ lädt er in einem Focus- Interview ehemalige Mitglieder der DDR-Staatspartei SED zur Mitarbeit in der CDU ein. „Im größeren Zeitabstand wird das ein immer kleineres Problem. Es muß das Recht auf Korrektur früheren Verhaltens geben.“

Das Signal des neuen starken Mannes der Christdemokraten konkretisiert Lothar de Maizière. Der erste frei gewählte Ministerpräsident der DDR meint, die CDU müsse um ehemalige Funktionseliten der DDR sogar werben. Die Klientel der SED habe eigentlich einen wertkonservativen Ansatz gehabt, glaubt de Maizière. Die Union solle deshalb Berührungsängste mit dem „SED-Mittelbau“ ablegen.

Ehemalige DDR-Oppositionelle, die heute in der CDU engagiert sind, graust es hingegen bei dem Gedanken, in Zukunft mit den verhaßten ehemaligen Apparatschiks zusammenarbeiten zu müssen. Heinz Eggert etwa, stellvertretender CDU-Vorsitzender in Sachsen, kommentierte Schäubles Initiative gestern: „Man kann nicht vor der Wahl rote Socken stricken und sie sich hinterher anziehen.“

Die Diskussion um Integration ehemaliger SED-Mitglieder gibt es in der CDU seit 1990. Damals vereinigte sich die westdeutsche CDU mit der gleichnamigen DDR- Blockpartei, Teilen der Bauernpartei und kleineren Gruppen aus der Bürgerbewegung, etwa dem Demokratische Aufbau. Die Parteiführung verzichtete darauf, eine Anti-SED-Klausel in Satzungen oder Programme aufzunehmen. Die Entscheidung lag seitdem bei den Ortsverbänden, diese lehnten die Aufnahme ehemaliger SED- Mitglieder in der Regel ab. An diese lokalen Organisationen geht auch das neue Signal von Schäuble: „Das entscheiden wir nicht bundesweit, sondern an Ort und Stelle.“

Wie sich die Hardliner in der CDU diesen Entscheidungsprozeß im Ortsverein vorstellen, beschrieb der sächsische Umweltminister Arnold Vaatz schon vor Jahren im Spiegel: „Von mir aus können ehemalige SED-Mitglieder bei uns vorstellig werden. Aber wir sollten sie erst einmal erneut vor die Tür setzen; sie können dann wieder hereintreten – einzeln und ohne Waffen.“ Robin Alexander