Albert Hefele
: Herr Hefele kriegt zwei Minuten

■ Und im Netz zappeln die Monstrositäten

Eine Kolumne ist eine feine Sache. Der sie Schreibende darf sich über eine vorher verabredete Anzahl von Schriftzeichen an den Leser wenden und ihm im Prinzip alles, was an Gedanken hereinkommt, zumuten. Der Kolumnist kreuzt in einem extrem wendigen Schiffchen auf seinem thematischen Binnengewässer, wirft nachlässig sein Netz aus und guckt, was sich drin sammelt. Das Netz einer Kolumne ist ihr Titel und heißt im vorliegenden Falle „...kriegt zwei Minuten“.

Ziemlich ideal gewählt, denn „...kriegt zwei Minuten“ kann viel oder auch gar nichts bedeuten. Interpretation 1: Der Schreiber darf dem Leser zwei Minuten lang irgendwas erzählen. Interpretation 2: Der Schreiber kriegt zwei Minuten Strafe, für das was er erzählt. Interpretation 3: Der Schreiber hat zwei Minuten Strafzeit zur Verfügung, die er an einen Sünder seiner Wahl verteilen kann. Interpretation 4: „...kriegt zwei Minuten“, hat keinen anderen Sinn, als möglichst rätselhaft dazustehen und den Leser neugierig zu machen auf die im oben erwähnten Netz zappelnden Monstrositäten. Mal nachsehen?

Ganz oben liegt ein ganz und gar nicht mehr zappelnder Eishockeyspieler: Stéphane Morin. Der Kanadier in Diensten der Berliner Capitals war während eines Spiels der DEL auf der Spielerbank zusammengebrochen und nicht mehr aufgestanden. Solche Sachen hört man immer mal wieder, und es taucht die ewig junge Frage auf: Ist Sport wirklich so gesund, wie behauptet wird? Oder treiben immer mehr Spitzensportler ein wie auch immer geartetes Schindluder mit ihrem Körper, um den Anforderungen des Profisports gerecht zu werden? Morin ist, wie gesagt, nicht der einzige.

Unter anderem ist auch Ronaldo schon zusammengebrochen, und zwar vor dem WM-Finale in Paris. Der brasilianische Superstar ist Gott sei dank noch jünger und daher auch wieder aufgestanden. Der alte war er jedoch nicht mehr und nur ein Schatten seiner selbst – wie man weiß. Warum der geniale Neuner kollabierte, wußte man bisher jedoch nicht. Eine im Rahmen der Frankfurter Buchmesse vorgestellte, von einem gewissen Wensley Clarkson verfaßte Biographie gibt nun Aufschluß. „Ronaldo hatte Probleme mit seiner Freundin und mit Medikamenten. Da waren zudem Leute, die ihn mit Schwarzer Magie beeinflußt haben.“ In Brasilien angeblich ein probates Mittel, um Leuten, die man nicht so gerne mag, das Leben schwerzumachen. Wer schon mal ein dubioses B-Movie, das in der Karibik spielt, gesehen hat, kennt diese Praktiken: schwarzen Hähnen um Mitternacht den Hals umdrehen und lange Nadeln in Püppchen stechen.

Rätselhaft bleibt, wer aus dem doch eher brasilienfreundlichen Kulturkreis Ronaldo und damit seiner Mannschaft eine Schwächung hätte zufügen wollen. Anders herum: Ist Schwarze Magie mittlerweile auch in Frankreich beziehungsweise Mitteleuropa verbreitet? Noch anderster herum: Hatten nicht nur die Brasilianer darunter zu leiden? Der Platzverweis von Wörns? Der Rücktritt von Berti Vogts? Steckt hinter all dem vielleicht ein durchgedrehter Voodoo-Priester? Einer von denen, die in grellbunten Gewändern ums Feuer steppen, den schieren Wahnsinn im Blick. Haben sie sich Uli Stielike schon mal genauer angesehen? Seine Sakkos? Ich weiß, das geht zu weit. Und eigentlich wollte ich nur mal die Möglichkeiten einer Kolumne demonstrieren. Zwei Minuten können ganz schön lang sein. „Herr Hefele“, das bin übrigens ich.