Glogowski will keine Castoren

Niedersachsens designierter Ministerpräsident hofft auf das Ende aller Atommülltransporte nach Gorleben: „Verträge sind Menschenwerk und veränderbar“  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Das Ende aller Transporte von hochradioaktivem Müll erhofft sich der künftige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Glogowski vom Regierungswechsel in Bonn. Er erwarte, daß „nicht mehr“ nach Gorleben transportiert werde, sagte Glogowski gestern in Hannover. Bilder von Polizeieinsätzen, wie bei den bisherigen Castor-Transporten nach Gorleben, solle es in seiner Zeit als Ministerpräsident in Niedersachsen nicht geben.

Auch den hochradioaktiven Müll, der bei der Wiederaufarbeitung bundesdeutscher Brennelemente im Ausland angefallen ist, will Glogowski nicht mehr nach Gorleben lassen. „Verträge sind Menschenwerk und damit veränderbar“ – mit diesen Worten verlangte der designierte Ministerpräsident, über die Verträge, in denen der Rücktransport des WAA- Mülls festgelegt ist, mit Frankreich neu zu verhandeln.

Auch die Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben, in der etwa defekte Castoren repariert werden sollen, will der SPD-Politiker nicht in Betrieb nehmen. „Wenn keine Behälter mehr kommen, brauchen wir auch die Anlage nicht.“ Nicht festlegen wollte sich Glogowski allerdings beim Gorlebener Endlager. Er bezeichnete den Gorlebener Salzstock zwar als ungeeignet für ein atomares Endlager, versprach aber gleichzeitig, daß Niedersachsen sich wie die anderen Bundesländer an der Suche nach einem Standort für das eine atomare Endlager beteiligen werde, das für alle Arten radioaktiver Abfälle gebraucht werde.

Dem Vernehmen nach lagen SPD und Grüne in Bonn am Sonntag bei den Verhandlungen über den Ausstieg immerhin beim Thema Endlagerung nicht weit auseinander. Schon um Schadenersatzforderungen der Energieversorger, die die Endlagersuche finanzieren, zu vermeiden, wollen beide Seiten offenbar zunächst nur ein Moratorium für den Salzstock Gorleben durchsetzen. Die Grünen gehen dabei davon aus, daß bei einer neuen Standortsuche für das atomare Endlager Gorleben wegen seiner schlechten Geologie ohnehin ausscheiden wird.

Als desaströs haben die Grünen dem Vernehmen nach allerdings die sonntäglichen Verhandlungen über den eigentlichen Ausstieg empfunden, die ohne Ergebnis vertagt wurden. Der künftige Bundeskanzler Schröder soll in der Verhandlungsrunde nicht einmal die Vorschläge des niedersächsischen Umweltministers Wolfgang Jüttner mitgetragen haben, der zunächst die grundlegenden Ziele des Atomgesetzes ändern will, bevor Gespräche mit den Energieversorgern über den Ausstieg aufgenommen werden.