Wer hat Spendierhosen?

■ Seit drei Wochen ist Bremens oberster Naturschützer Gerold Janssen auf Betteltour – wegen der zu zahlenden Prozeßkosten für die Protestmalerei am Siemenshochhaus

Der Ort war wohl doch nicht so gut gewählt. Direkt vor der Bürgerschaft hatte Gerold Janssen das erste Mal seinen Bettlerhut abgelegt – und nach nur wenigen Minuten festgestellt: „Da brauchst Du erst gar nicht anfangen. Die Politiker haben alle zugeknöpfte Taschen“.

Dabei hatte es der Kämpfer für das Hollerland gerade auch auf dieses Klientel abgesehen. Denn laut Janssen ist es die „Politik, die diesen Prozeß mit heraufbeschworen hat“. Rund 3.700 Mark muß er jetzt in monatlichen Raten zahlen – weil die Stadt versucht hatte, ihn wegen Sachbeschädigung zu belangen. Janssen hatte die Pflaster vor dem Siemenshochhaus bemalt – als Protest gegen die Zerstörung des Hollerlandes.

Jetzt wandert der 75jährige öffentlichkeitswirksam mit Bettlerhut durch die Stadt. Und verteilt jede Menge Bettelbriefe – mit folgender Mahnung an die oberen Herren in der Bürgerschaft: „Schulterklopfen allein genügt nicht“. Und daneben lobende Zitate von Bürgermeister Henning Scherf (SPD) und Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) zu Janssens 75. Geburtstag.

Aber das kam wohl bei den Adressaten nicht so gut an: Der Innensenator spendierte keinen Pfennig und der Bürgermeister kam erst gar nicht vorbei. Nur der ehemalige SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner ließ einen prallgefüllten Umschlag in den Hut rasseln. Aber „das waren nur lauter Ein-Pfennig-Stücke“, berichtet der enttäuschte Sammler, der sich schließlich dem einfachen Volke zuwandte – und „da viele tolle Erfahrungen machte“.

Schulkinder spendierten Bonbons, der Gemüsehändler verzichtete auf Geld für Birnen, sogar Janssens Frisör lehnte Geld ab, aber auch die Leute von „Radschlag“ für einen neuen Dynamo für's eigene Fahrrad. „Das alles hätte ich doch gar nicht erlebt, wenn Bürgermeister Scherf plötzlich ein paar Tausender in den Hut geworfen hätte“, resümiert Gerold Janssen seine acht Bettlertage in der Hansestadt.

Wieviel Geld er schon zusammenhat, wollte der missionarische Bettler indes noch nicht verraten: „Das könnte der weiteren Aktion nicht zuträglich sein.“ Schließlich will er noch ein bißchen weiter sammeln, damit noch etwas Geld für die Bürgerinitiative Hollerland zusammenkommt, für eine Ausstellung, die im Frühjähr nächsten Jahres laufen soll. Das Ausstellungsthema: „Wunderwelt Hollerland“. kat