Eine schwankende Beziehung

■ Moskau unterstützt die OSZE-Mission mit 200 Mann. Hatte man das Bündnis mit Milošević doch ohnehin nicht allzu fest geknüpft

Das russische Außenministerium reagierte auf die Einigung im Kosovokonflikt verhalten optimistisch. „Rußland begrüßt den neuesten Durchbruch in den Gesprächen“, sagte gestern Wladimir Rachmaninow, Sprecher des Außenministeriums. Er hob besonders die Bereitschaft des jugoslawischen Präsidenten hervor, sich auf die Konfliktregulierung einzulassen.

Die Ankündigung Moskaus, an der Überwachungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Serbiens Südprovinz Kosovo teilzunehmen, ließ nach der erfolgreichen Verhandlungsrunde nicht lange auf sich warten. In Brüssel trat wenig später der Nato-Rußland-Rat zusammen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Verteidigungsminister Igor Sergejew soll der OSZE-Mission angeboten haben, russische Flugzeuge für die Luftüberwachung des serbischen Truppenrückzugs zur Verfügung zu stellen. Zudem plant Moskau auch etwa 200 eigene Beobachter in die Inspektorengruppe der OSZE zu entsenden.

Die Kontroverse um die Lösung des Kosovokonflikts drohte auch das Verhältnis zwischen Rußland und dem Westen in Mitleidenschaft zu ziehen. In Moskau stieß die Position der Nato, im Notfall auch mit gewaltsamen Mitteln eine Lösung zu erzwingen, nie auf Verständnis. In den letzten Tagen verfielen Politiker verschiedener Parteien jedoch in eine Rhetorik, die an Zeiten des Kalten Krieges erinnerte. Der Chef der Abteilung für internationale militärische Kooperation im Verteidigungsministerium, Leonid Iwaschow, warnte: Nach Jugoslawien könnten nun auch andere osteuropäische Staaten, die GUS und Rußland „die nächsten Ziele solcher Luftangriffe werden“. Iwaschow deutete an, daß das Verteidigungsministerium für den Fall eines Luftangriffs im Kosovo bereits Gegenmaßnahmen erwäge. Die Zusammenarbeit mit der Nato, das Programm Partnerschaft für den Frieden und die gemeinsame Friedensmission in Bosnien-Herzegowina stünden mithin zur Disposition. Da der Westen gegen internationales Recht verstoße, müsse sich Moskau auch nicht mehr verpflichtet fühlen, das Waffenembargo gegenüber Belgrad einzuhalten.

Moskaus Liaison mit Belgrad unterliegt indes konjunkturellen Überlegungen. Die Ideologie der slawischen und orthodoxen Bruderschaft, die die offizielle Politik und die rot-braune Opposition gemeinsam bedienen, ist nur vorgeschoben. Eigentlich richtet sich der russische Protest gegen das Vorgehen der Nato, die einen Präzedenzfall schafft und ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats agiert. Moskau, ohnehin unter dem Verlust seiner Weltmachtrolle leidend, fühlt sich dadurch erneut erniedrigt. Klaus-Helge Donath, Moskau