Held wider Willen

■ Wohlfahrtsstaat im Argen: der schwedische Krimiautor Henning Mankell

Seit das schwedische Autorenduo Sjöwall/Wahlöö für das Genre des kurzweiligen wie ambitionierten Krimis die Meßlatte hoch gelegt hat, ist die Buchlandschaft übervölkert mit ählichen Versuchen. Manches gelang, einiges scheiterte, vieles blieb gut gemeint.

Einer, der diesem Vergleich standhalten kann, ist der schwedische Autor Henning Mankell. Mankell, der auch als Kinderbuchautor wie als Theaterregisseur und Intendant tätig war, konnte mit seiner bisher achtbändigen Krimireihe an die Tradition des gesellschaftskritischen und zugleich unterhaltsamen Kriminalromans anknüpfen. Ausgestattet mit einem soliden literarischen Grundgerüst, genußträchtig durch ein Höchstmaß an Thrill.

Wie vormals Kommissar Beck ist auch Mankells Protegé Kurt Wallander einer jener Helden wider Willen. Leicht dicklich, von männlichen Selbstzweifeln geplagt und selbstredend nach unglücklicher Ehe rechtskräftig geschieden. Seitdem stolpert er beharrlich wie mißmutig durch die Fälle, die auf seinem Schreibtisch landen und ihn zwingen, sein heimeliges Büro zu verlassen und alsbald überarbeitet durch den nordischen Dauerregen zu stapfen. Fälle, die allesamt aufzeigen, daß im Wohlfahrtsstaate Schweden so einiges im argen liegt. In Mörder ohne Gesicht deckt der Kommissar den wachsenden Rassismus seiner sich so friedlich gebenden Landsleute auf; in Die weiße Löwin führt die Suche nach einer verschwundenen Immobilienmaklerin ins ferne Südafrika, wo uneinsichtige Gesellen das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen.

Die große Kunst des Henning Mankell liegt dabei stets in seinen kompositorischen Fähigkeiten; seinem Vermögen, actionreiche Spannungsbögen mit psychologischen Motiven der handelnden Personen zu verdichten. Dies gilt besondersfür den Roman Die fünfte Frau, aus dem Mankell in Hamburg lesen wird.

Eine Geschichte, die ihren Anfang in einem fernen Land nimmt. Schauplatz ist Algerien, wo ein islamistisches Terrorkommando mehr aus Zufall eine schwedische Touristin niedermetzelt. Ausgangspunkt für zunächst rätselhafte Verbrechen im südschwedischen Ystad, die Wallander und sein Team zu beschäftigen wissen. Ein Roman über die Gewaltverhältnisse zwischen Mann und Frau, ohne vorschnelle Parteilichkeit und in seiner Auflösung eher pessimistisch angelegt.

Frank Keil

Henning Mankell: „Die fünfte Frau“, Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt, Zsolnay Verlag, 1998, 543 Seiten, 39, 80 DM

Lesung: Buchhaus Weiland, Quarree Wandsbek, morgen, 20.45 Uhr