Um Antworten verlegen

Gericht stoppt Schülertest zur Unterrichtsbewertung. Schwere Niederlage für Schulsenatorin Rosemarie Raab, jubeln die LehrerInnen  ■ Von Judith Weber

Hamburgs LehrerInnen müssen sich nicht von ihren SchülerInnen beurteilen lassen. Fragebögen der Schulbehörde, auf denen 13.500 SiebtkläßlerInnen einschätzen sollten, wie gut sie unterrichtet werden, dürfen nicht ausgewertet werden. Das hat das Hamburger Verwaltungsgericht gestern im Eilverfahren entschieden.

Damit gab das Gericht den Personalräten von Gymnasien, Gesamt-, Haupt- und Realschulen recht. Sie hatten gegen die sogenannten „Tests zur Lernausgangslage“ geklagt, die Anfang September in nahezu allen siebten Klassen durchgeführt wurden, um das Lernniveau der Jugendlichen zu vergleichen.

Die 13- bis 14jährigen mußten Mathe-, Deutsch- und Englischaufgaben lösen und Fragen beantworten wie: „Hättest Du mit mehr Disziplin in der Klasse effektiver gelernt?“ oder „Haben die Lehrer im vergangenen Jahr regelmäßig die Hausaufgaben kontrolliert?“ Ob es Zufall sei, wenn Kids den Unterrichtsstoff kapieren, wollte die Behörde wissen, und ob die LehrerInnen geduldig auf Fragen eingehen.

Dieser Teil der Test hätte den Personalräten vorgelegt werden müssen, befand das Verwaltungsgericht. „Die Mitbestimmungsrechte der Lehrer wurden verletzt.“ Schließlich müssen Arbeitnehmervertretungen laut Gesetz informiert sein über „Maßnahmen, die das Verhalten der Beschäftigten überwachen“.

Doch die Schulbehörde hatte auf die Tische der LehrerInnen erst dann ein Exemplar des Tests gelegt, als die SchülerInnen schon eifrig ihre ausfüllten. Nun müssen die anstößigen Bögen von harmlosen Rechenaufgaben getrennt werden; nur letztere dürfen zur Auswertung an einen Berliner Wissenschaftler geschickt werden.

Kein Wunder, daß die Gerichtsentscheidung bei den Lehrenden fröhliche Genugtuung auslöste. Die einstweilige Verfügung sei „eine Korrektur des autoritären Führungsstils von Schulsenatorin Rosemarie Raab“, jubelten die Personalräte. Die Sozialdemokratin versuche immer wieder, „das Mitbestimmungsrecht zu umgehen“, so Egon Tegge, der für die Gymnasien zuständig ist. Es mangele der Senatorin „an Dialogfähigkeit“.

Abgewatscht wurde Raab auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Mit solchen Tests werden die Lehrerinnen und Lehrer zu Sündenböcken für schlechte Schülerleistungen gemacht“, so die stellvertretende Vorsitzende Gudrun Zimdahl. Zwar sei die GEW nicht prinzipiell gegen eine Leistungskontrolle, „eine Untersuchung muß aber transparent für die KollegInnen sein“.

Raabs Behörde, auf die alle Kritik prasselte, will innerhalb der nächsten vier Wochen beim Hamburger Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen. Bis die Richter sich erneut mit den Fragebögen beschäftigt haben, sollen schon mal die unbeanstandeten Teile ausgewertet werden. „Es wurde ja nicht der ganze Test in Frage gestellt“, so eine Sprecherin.