Zerstörung in 23 Akten

Naturvernichtung als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: Planfeststellung für die Dasa-Erweiterung ins Mühlenberger Loch beginnt  ■ Von Heike Haarhoff

Die Tage des Mühlenberger Lochs in Finkenwerder als Brackwasserwatt und Vogelrastplatz sind gezählt. „Mitte 1999 können wir mit der Zuschüttung beginnen“, ist sich der Staatsrat der Wirtschaftsbehörde sicher. Die „Voraussetzungen dafür sind geschaffen“, so Heinz Giszas gestern zufrieden bei der Eröffnung eines Info-Containers am Fähranleger Teufelsbrück, in dem man sich über das Vorhabne informieren kann.

In 23 Aktenordnern sind die Unterlagen gebündelt, mit denen die Wirtschaftsbehörde die Planfeststellung, also die Genehmigung der Großbaustelle, beantragte. 140 Hektar, ein Fünftel der Fläche des Mühlenberger Lochs, will die Stadt opfern, damit dort der benachbarte Flugzeugbauer Dasa sein Werk erweitern kann und genug Platz hat, den Super-Airbus A 3XX endzumontieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß die Dasa-Zentrale im französischen Toulouse sich tatsächlich entschließt, den A 3XX zu bauen und Hamburg unter den zahlreichen europäischen Konkurrenten den Zuschlag für das Projekt erteilt.

Die Wirtschaftsbehörde, die genau wie bei der umstrittenen Hafenerweiterung in Altenwerder zugleich antragstellende und genehmigende Behörde ist, rechnet mit 400 bis 500 Millionen Mark Kosten, um das Feuchtgebiet in einen Industriestandort zu verwandeln. Weil Flächenherrichtung stets „Aufgabe der Stadt“ sei, übernehme diese auch die vollen Kosten. Das Mühlenberger Loch werde aber nur dann zerstört, wenn der A 3XX wirklich nach Hamburg komme. Die „derzeitige Senatsentscheidung“ erlaube nicht, die Fläche für andere Zwecke, beispielsweise die Montage eines anderen Flugzeugtyps, zu nutzen.

Im November werden die Unterlagen für einen Monat öffentlich ausgelegt. Umweltschutzverbände kündigten bereits ihre Einwände an. Der BUND sprach von einem „politischen Armutszeugnis der rot-grünen Regierung“. Die „Ausgleichsproblematik“ sei nicht befriedigend gelöst. Die EU-Kommission werde die Elbinsel Hahnöfersand, die als Ausgleichsfläche vorgesehen ist, „aus naturschutzfachlichen Gründen nicht anerkennen“. Denn zum Zeitpunkt des Eingriffs stehe noch kein Ausweichraum für die „international bedeutsamen Rastvogelbestände“ zur Verfügung. Besser solle der Airbus auf einer naturschutzrechtlich unbedenklichen Fläche in Rostock gefertigt werden.

Ebenfalls „auf das Schärfste“ kritisierte der NABU das Vorhaben. „Die Höhe der Erschließungskosten im Vergleich zu den zu erwartenden Steuereinnahmen steht in keinem vernünftigen Verhältnis.“ Der Hamburger Senat dagegen verspricht sich vom A 3XX mehrere Tausend Arbeitsplätze. Der „Förderkreis Rettet die Elbe“ sprach in diesem Zusammenhang von der „wohl teuersten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die Hamburg je in Angriff genommen hat“.