Ladies on the top

Wenn Frauen in die obersten Etagen drängen, werden ihnen auch heute noch Steine in den Weg gelegt. Ein europäisches Netzwerk für Frauen will das ändern  ■ Von Angelika Fritsche

Das Phänomen ist nicht neu und selbst für die betroffenen Frauen häufig nur schwer zu fassen. Sobald Frauen in die vordersten Reihen von Unternehmen vorstoßen wollen, werden ihnen jede Menge Steine in den Weg gelegt. „Gerade Chefs, die sich etwas auf ihre Frauenförderprogramme zugute halten, ziehen plötzlich alle Register, wenn sie merken, daß die von ihnen Geförderten dabei sind, in die Führungsetage aufzusteigen“, sagt Claudia Schmitz vom European Women's Management Development Network (EWMD) in Deutschland.

Die Statistiken zeigen, daß die meist versteckt praktizierte Diskriminierung nach wie vor Realität ist: Während die kleinen und mittleren Unternehmen noch relativ gut dastehen – rund 8,1 Prozent der Stellen im Topmanagement und 16,2 Prozent auf der mittleren Ebene der Führungskräfte sind mit einer Frau bestückt –, geht es bei den Großunternehmen wieder kontinuierlich bergab. Von 1995 bis 1996 sank der Frauenanteil in der Topetage von 3,2 auf 1,2 Prozent, im mittleren Management von 5,8 auf 5,3 Prozent.

Dabei haben gerade Frauen Potentiale, die sie für Führungsaufgaben durchaus prädestinieren: Eine bereits Ende der 80er Jahre durchgeführte Unternehmensumfrage, welche Eigenschaften Manager unbedingt mitbringen müssen, ergab: An erster Stelle stehtdie Fähigkeit, mit Menschen umzugehen,und das Kommunikationsvermögen. Allerdings hakt es bei Frauen noch am Durchsetzungsvermögen,ein Erfolgsfaktor, der vor allem Männer nach oben bringt. Die fachlichen Qualifikationen spielen nach den Untersuchungen der Hamburger Wirtschaftswissenschaftlerin Sonja Bischoff bei allen Befragungen als Karriereindikator nur eine mittlere Rolle.

Die Unterrepräsentanz von Frauen im Management war auch der Auslöser für die Gründung des European Women's Management Development Network. Das 1983 in Brüssel aus der Taufe gehobene Netzwerk richtet sich an Frauen in Führungspositionen und will eine Plattorm für den qualifizierten Austausch von Erfahrungen und aktuellen Entwicklungen im Management „branchenübergreifend, hierarchieunabhängig und international“ bieten. Ein Hauptgrund für das Entstehen des EWMD: Nur mit einer eigenen Organisation könne die „speziell weibliche Komponente“ beim Management weiter ausgebaut und umgesetzt werden.

Für die Informationstchnologie müßte dies nach den Wünschen des Netzwerk-Mitglieds Christine Rothenbacher beispielsweise heißen, daß sich deren Aktivitäten nicht zu einseitig auf die Technik fixieren: „Wenn Technik zu einer schnellen Problemlösung beitragen kann, dann ist das auch etwas, was Frauen fasziniert. Was viele Frauen abschreckt, ist die Vorstellung, völlig in die technische Ecke abzudriften, ohne die soziale Komponente pflegen zu können“, sagt Christine Rothenbacher, die als IT-Managerin bei Cambridge Technology Partners in Frankfurt/ Main arbeitet.

Um Frauenpower in der Arbeitswelt zu stärken, setzt das Netzwerk auf eine Kooperation mit Unternehmen und Verbänden. Derzeit sind weltweit 45 Firmen institutionelle Mitglieder, darunter A.T. Kearney, British Telecom, Ericsson Telecom und die Deutsche Telekom AG. Damit will man auch die Firmen unterstützen, Managerinnen einen Erfahrungsaustausch auf nationaler und internationaler Ebene zu ermöglichen.

Die betroffenen Frauen nutzen diese Möglichkeiten tatsächlich, wie Renate Vorwerk sagt. Die Vertriebsmanagerin bei der Deutschen Telekom in Bonn ist eine überzeugte Networkerin – denn warum sollten Frauen nicht von Strukturen profitieren können, die Männer seit jeher mit ihren „old boys networks“ erfolgreich betreiben? Den Aufstieg in die Führungsetage erleichert das allemal.

Kontakt: EWMD Deutschland, Langenscheidtstr. 11, 10827 Berlin, Telefon: (030) 7825075, Fax: (030) 7825076, Internet: info. Germany@ewmd.org