■ Hat die SPD den Mut, aus dem Projekt Transrapid auszusteigen?
: Die Investitionsruine

Börsenmakler sind vorsichtige Menschen und stießen deshalb am Donnerstag Thyssen-Aktien ab. Wer will sich mit einem Unternehmen belasten, das zu den Verlierern gehört? Verloren hat Thyssen, nachdem zwei Gutachten die Kosten für die geplante Strecke des Transrapid mit bis zu 10 Milliarden Mark beziffern statt der festgelegten 6,1 Milliarden. Verloren hat Thyssen auch, da die eigenen Berechnungen für den Bau der Transrapid-Züge um 200 Millionen Mark nach oben korrigiert werden mußten.

Börsenmakler sind klug. Sie erkannten, daß unter diesen Voraussetzungen der Transrapid nicht gebaut wird. Und wenn doch, dann gehören Thyssen und die Unternehmen Siemens und Adtranz erst recht zu den Verlierern, da sie dann einen „schnellen Brüter am Bein“ haben, wie der frühere CSU-Verkehrsminister Friedrich Zimmermann den Transrapid nannte. Er lehnte deshalb das Milliardenprojekt ab.

Weise sind die am Wochenende über den Transrapid verhandelnden Koalitionäre, wenn sie ihn beerdigen. Die Sachargumente sprechen gegen die Magnetschnellbahn: Die wirklichen Kosten sind nicht abzusehen, das Risiko liegt beim Bund. Der Verlust an Natur kann mit Ausgleichflächen nicht aufgewogen werden. Zudem ist der Transrapid bislang noch nicht im Gegenverkehr erprobt. Wie verhalten sich zwei Züge, die mit 400 Stundenkilometer aneinander vorbeirauschen? Die Kraft der Druckwelle läßt sich nicht simulieren, und unter anderem deswegen drängt die Industrie auf die Referenzstrecke. Sie schließlich liefert das letzte Sachargument. Obwohl sie sich seit 30 Jahren bemüht, den Transrapid ins Ausland zu verkaufen, hat sie bislang nicht einen Auftrag bekommen.

Aber die Koalitionäre erweisen sich erst recht als klug und weise, wenn sie zeigen, daß sie nicht in einem weiteren Punkt einknicken. Daß die SPD dazu neigt, umzufallen, hat sie schon mit der verpaßten ökologischen Steuerreform und dem Beibehalten des Wehretats gezeigt. Von der Oppositionsbank wetterten die Sozis gern gegen die unsinnigen 21,3 Milliarden Mark für den Eurofighter, nun möchen sie ihn doch nicht missen. Auch gegen den Transrapid agitierten sie in den vergangenen vier Jahren und beantragten im Forschungsausschuß des Bundestages, „den Mittelansatz für den Transrapid zu streichen“.

Einmal Rückgrat könnte Schröder beweisen, wenn er sich durchringt, aus dem jetzigen Projekt Transrapid auszusteigen. Ein Ausstiegsszenario wäre, die geplante Strecke nicht zu bauen und der Industrie eine Versuchsfläche wie im Emsland zur Verfügung zu stellen. Die könnte sich dann wieder auf ihre Aufgabe besinnen: zu investieren, lukrative Aufgaben an sich zu binden und nicht ein Verlustgeschäft mit Steuergeldern abzusichern. Ulrike Fokken