Mit Männern hat Clinton mehr Glück

Haushaltspoker mit dem US-Kongreß endet in letzter Minute mit einem Kompromiß, bei dem vor allem Clintons Image unangekratzt bleibt. Als nächstes steht möglicherweise sogar Kenneth Starrs Amtsenthebung bevor  ■ Von Peter Tautfest

Washington (taz) – Man dachte schon, Bill Clinton hätte überhaupt kein Standing mehr. Donnerstag mittag aber unterbrach er eine Konferenz im Weißen Haus, um mit einer dramatischen Geste zu verkünden, zwischen US-Kongreß und US-Präsident sei eine Einigung um den 500-Milliarden- Dollar-Haushalt erzielt worden. Bill Clinton gelang es, diese Einigung als seinen Sieg gegen einen republikanisch dominierten Kongreß darzustellen, der sich hauptsächlich mit seiner Amtsenthebung beschäftigt zu haben und dabei in Zeitverzug gekommen zu sein schien. Die Legislaturperiode des Kongresses ging nämlich eigentlich letzte Woche schon zu Ende, am 3. November müssen sich alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel des Senats den Wählern stellen. Nur hatten die Abgeordneten vor lauter Impeachment-Debatten ihre Hausaufgaben nicht gemacht und den Haushalt nicht verabschiedet – so jedenfalls stellte es das Weiße Haus dar.

Das ist natürlich nicht ganz richtig. Parlamente arbeiten nun mal nicht sonderlich effektiv, wenn die beiden darin vertretenen Parteien miteinander und mit dem Präsidenten zerstritten sind und der Präsident mit anderen Dingen beschäftigt ist. Doch diese Situation verstand Clinton auszunutzen, um doch noch etwas von seinem Programm durchzusetzen. Genug seiner Gesetzesvorlagen sind ja vom Kongreß gekillt worden – die Tabakgesetzgebung, die Geld für Sozialprogramme bereitstellen sollte, und die Stärkung der Rechte von Patienten gegenüber den Krankenkassen, die sehr populär gewesen wäre. Der skandalgeschwächte Präsident verstand nun aber eine der Stärken seines Amtes zu nutzen: Er drohte, jeden Haushaltstitel mit einem Veto belegen, wenn er nicht wenigstens einen Teil der Mittel enthielte, die der Präsident beantragt hatte. Ein Veto hätte dem Kongreß die Wahl gelassen, die Regierung mangels bewilligter Mittel zum Stillstand zu bringen. Letzteres hatten die Republikaner schon einmal 1995 gemacht, und die schlechte Presse, die sie dadurch bekamen, führte letztlich zu Clintons Wiederwahl 1996.

Die schiere Drohung, daß die Regierungsarbeit nun erneut zum Erliegen kommen könnte, reichte auch diesmal, um im öffentlichen Bewußtsein zu einer Verschiebung der Optik zu führen. Während der Präsident sich noch immer großer Popularität erfreut – 65 Prozent der Amerikaner sind mit Clintons Amtsführung zufrieden –, rutschte die Zufriedenheit der Wähler mit ihren Abgeordneten von 56 auf 43 Prozent. Im Land verbreitete sich die Auffassung, der Kongreß habe falsche Prioritäten gesetzt und nichts geleistet.

Gestritten wurde vor allem um die Bewilligung von 18 Milliarden Dollar für den Internationalen Währungsfonds (IWF) und um sechs Milliarden Sonderstütze für die von Wetterkatastrophen getroffenen Bauern; um 1,1 Milliarden für die Einstellung von 100.000 neuen Lehrer und 5 Milliarden für die Renovierung verwahrloster Schulgebäude. Nicht alles hat der Präsident gekriegt. Lehrer können jetzt mit Bundesmitteln eingestellt werden, nicht aber die Schulen renoviert werden; Geld für den IWF wird im Gegenzug für dessen Reform bewilligt, und das Pentagon kriegt 9,7 Milliarden extra für Erhöhung der Bereitschaft. Auch die Farmer bekommen ihr Geld, aber nicht soviel, wie Clinton wollte.

Wichtiger als die Freigabe der Mittel für Clintons Programme aber ist, daß er sich als durchsetzungsfähig erwiesen hat. Und dann wurde noch bekannt, daß Sonderermittler Kenneth Starr bei Ausweitung seines Auftrags auf den Sexskandal verschwiegen hat, daß er schon 1994 die Anwälte von Paula Jones beraten hatte, als sie gegen Clinton wegen sexueller Anmache klagte. Damit war der „unabhängige Untersucher“ Starr in seinen Untersuchungen eigentlich nicht mehr unabhängig, sondern Partei. Jetzt muß das Justizministerium entscheiden, ob Starrs Verschweigen seine Amtsenthebung rechtfertigen könnte.