Nie wieder Bertelkirch?

■ Kirch will Pay-TV-Sender Premiere allein – Bertelsmann ist offenbar nicht abgeneigt

München (taz) – Das jahrelange Drama um den Pay-TV-Sender Premiere, der als Kern der digitalen Medienzukunft gilt, könnte ein Ende haben. Der Medienunternehmer Leo Kirch, bislang nur Minderheitsgesellschafter bei Premiere, rechnet sich ernsthaft Chancen aus, den Sender allein übernehmen zu können, wie die Wirtschaftswoche unter Berufung auf ein Gespräch mit Kirch-Geschäftsführer Dieter Hahn schreibt. Der Plan, den Konkurrenten Bertelsmann herauszukaufen, sei kartellrechtlich „relativ unproblematisch“, frohlockte Hahn. Die Medienkonzerne Bertelsmann und Kirch, die das deutsche Privat-TV fast komplett beherrschen, hatten mit Premiere gemeinsam Pay-TV im großen Stil einführen wollen, indem sie attraktive Sportereignisse, Sex- und Spielfilme auf zahlreichen Kanälen anbieten. Die EU-Kommission und zuletzt das Bundeskartellamt hatten dieses Vorhaben vereitelt.

Der künftige Bertelsmann- Chef Thomas Middelhoff sei das Premiere-Drama leid und setze darauf, attraktive Filmware in Zukunft per Einzelabruf anzubieten, berichten Bertelsmann-Insider. Dazu wäre eine Plattform wie Premiere nicht mehr nötig. Der Sprecher der Konzerntochter CLT- Ufa beteuert indes, ein Ausstieg stehe derzeit „nicht zur Debatte“. Allein für den Bertelsmann-Anteil müßte Kirch fast 800 Millionen Dollar hinlegen. Der Unternehmer, der Milliardenverluste mit einem Solo beim Digital-TV gemacht hatte, versucht derzeit, neues Geld durch eine Neuordnung des Konzerns zu bekommen. Er erwägt einen teilweisen Börsengang und die Hereinnahme u.a. von Italiens Medienzar Silvio Berlusconi. lm