„Adams braucht den Preis nicht“

■ Der irische Schriftsteller Hugo Hamilton über die Auszeichnung Humes und Trimbles, die Nichtberücksichtigung Gerry Adams' und zum Abkommen

Hugo Hamilton, Jahrgang 1953, arbeitete als Journalist für eine Dubliner Zeitung, bevor er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen begann. Auf deutsch erschien 1996 im Steidl Verlag der Roman „Kriegsliebe“. Sein neuer Roman „Der letzte Held von Dublin“ wird im Januar 1999, ebenfalls bei Steidl, erscheinen.

taz: Was halten Sie von der Verleihung des Friedensnobelpreises an Hume und Trimble?

Hugo Hamilton: Es ist eine gute Sache, eine Anerkennung der Entwicklungen im nordirischen Friedensprozeß. Besonders wichtig ist das für die Unionisten, denn sie sind in der schwierigsten Position. Trimble mußte bei diesem Prozeß eine viel größere Strecke zurücklegen als Hume. Die internationale Anerkennung könnte ihm und den Unionisten den Weg ebnen, um sich gegen die Widersacher im eigenen Lager zu behaupten. Hume war dagegen ein Kandidat für den Nobelpreis, schließlich arbeitet er schon lange für den Frieden.

Aber die beiden haben das britisch-irische Abkommen vom Karfreitag ja nicht alleine zustande gebracht. Was ist mit den anderen, vor allem mit Gerry Adams?

Adams stammt aus dem Viertel Ballymurphy in Belfast, er hat alle Tiefen des Konflikts miterlebt: Internierung, Hungerstreik, brutale Unterdrückung. Adams und Sinn Féin haben enorme Veränderungen durchgemacht, sie sind erhebliche Kompromisse eingegangen. Adams hat sich zu einem wirklichen Friedensunterhändler entwickelt. Er braucht den Nobelpreis nicht als Friedensdividende, der Friedensprozeß in Nordirland ist wichtiger als der Nobelpreis. Und irgendwie ist die Vergabe an Hume und Trimble ja auch eine Anerkennung seiner Leistung. Natürlich hätte Adams zu den Preisträgern gehören müssen. Aber so ist das mit dem Nobelpreis: Man sucht sich einen von jeder Seite, und dabei gehen andere automatisch leer aus. Wenn Adams dabei gewesen wäre, hätte das Komitee wegen der Ausgewogenheit wahrscheinlich noch jemanden von der protestantischen Seite finden müssen, und da bietet sich niemand an.

Oder hatte das Osloer Komitee einfach Angst, daß beim Friedensprozeß etwas schiefgehen könnte?

Ja, sicher. Falls die Waffenruhe gebrochen werden sollte, befürchteten sie wohl, einen unwürdigen Preisträger am Hals zu haben. Es ging dem Komitee dabei um seinen eigenen Ruf. Sie warten erst mal ab, bis ein Politiker unumstritten ist. Man muß bedenken, daß Adams bis vor kurzem Außenseiter war, ein Händeschütteln mit ihm war undenkbar. Als die irische Präsidentin Mary Robinson ihm vor ein paar Jahren die Hand gab, hat sich das halbe Land übergeben. Das Nobelkomitee springt dagegen immer auf einen fahrenden Zug auf, das liegt in der Natur des Preises: Man belohnt Menschen, die die Hauptarbeit bereits getan haben.

Ist die Hauptarbeit getan, wird das Abkommen funktionieren?

Ja, es wird funktionieren. Da bin ich optimistisch, das ganze Land ist optimistisch. Aber es müssen noch eine Menge Kompromisse eingegangen werden, bis sich auch in den Köpfen etwas verändert. Die Gewalt liegt nicht lange zurück, man ist ja morgens immer noch froh, daß keine Bomben und Morde vermeldet werden, wenn man Radio hört.