Bundestag meldet Vollzug: Ja zum Kosovo-Einsatz

■ Große Mehrheit stimmt Beteiligung von 500 Soldaten und 14 Tornado-Kampfflugzeugen am Nato-Kontingent zu. Nato und Belgrad unterzeichnen Luftüberwachungsabkommen

Bonn/Berlin (taz) – Die Bundeswehr kann sich mit 500 Soldaten und 14 Tornado-Kampfflugzeugen an einem möglichen Nato-Einsatz in Jugoslawien beteiligen. Der scheidende Bundestag hat dafür gestern in einer Sondersitzung mit überwältigender Mehrheit votiert: 500 Abgeordnete stimmten dem entsprechenden Antrag der amtierenden Bundesregierung zu, 62 stimmten dagegen. 18 Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Den Abgeordneten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen war ihr Abstimmungsverhalten ausdrücklich freigestellt worden. 9 von 48 anwesenden Grünen-Abgeordneten stimmten gegen den Antrag, ebenso wie 21 SPDler und alle 29 anwesenden Vertreter der PDS.

Die Debatte wurde zu weiten Teilen von der Frage beherrscht, ob ohne ausdrückliches Mandat des Weltsicherheitsrates der Einsatz militärischer Gewalt völkerrechtlich ausreichend abgesichert sei. Außenminister Klaus Kinkel bejahte das zwar ebenso wie sein mutmaßlicher Nachfolger Joschka Fischer von Bündnis 90/Die Grünen und der künftige Kanzler Gerhard Schröder. Zugleich aber betonten sie und andere Redner, am „Gewaltmonopol“ des UN-Sicherheitsrates dürfe nicht gerüttelt werden. Jetzt gelte es, eine politische Lösung für die Krise im Kosovo zu finden und dem in dieser Woche geschlossenen Abkommen zwischen US-Unterhändler Richard Holbrooke und dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević zum Erfolg zu verhelfen.

Die PDS und eine Minderheit bei SPD und Bündnisgrünen halten militärische Gewaltanwendung ohne UN-Mandat für einen Bruch des Völkerrechts. Rechtliche Bedenken wurden von einigen Abgeordneten auch hinsichtlich der Frage angemeldet, ob der alte Bundestag überhaupt noch zu dieser Entscheidung befugt war oder ob dafür die neugewählten Parlamentarier hätten zusammengerufen werden müssen.

Die Nato-Botschafter berieten gestern nachmittag in Brüssel über den Einsatzbefehl für die Nato-Truppen, der heute in Kraft treten soll. Die Nato hatte ihn in der Nacht zum Dienstag erlassen und für 96 Stunden ausgesetzt, um den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević zum Einlenken zu zwingen. Nach Angaben eines Diplomaten wird die Nato den Einsatzbefehl gegen Jugoslawien voraussichtlich weiter aussetzen.

Nato-Generalsekretär Javier Solana hatte Milošević am Donnerstag abend aufgefordert, die Truppen und Polizeieinheiten aus der serbischen Provinz Kosovo sofort abzuziehen. Die Nato wisse, daß sich noch immer viele Armee-Einheiten und Spezialkräfte der Polizei im Kosovo aufhielten. Zudem war in Belgrad eine Übereinkunft zur Luftüberwachung im Kosovo unterzeichnet worden. Experten der Nato und der jugoslawischen Streitkräfte klären nun in Belgrad technische Details. Dazu gehören Garantien, die die Nato für ihre Piloten und Maschinen fordert. Bettina Gaus/bo

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