Der Trumpf der Autoindustrie

■ Auf Automann Gerhard Schröder hoffen sie: Mit ihm als Kanzler fürchten die Aussteller der Berliner Autoshow "AAA" weder Tempolimits, Ökosteuer noch hohe Benzinpreise

In den lichten Hallen dominiert Luxus und Sportlichkeit, mit 400 PS unter der Haube. Tempolimit, Ökosteuer und Benzinpreiserhöhung? Kein Thema. Am Wochenende hat die Hauptstadt-Autoshow „AAA '98“ in Berlin ihre Pforten geöffnet. 265 Ausstelller aus 20 Ländern zeigen eine Woche lang auf dem traditionsreichen Messegelände am Funkturm, wie schön, schnell, praktisch, wirtschaftlich oder eben teuer Autos von heute sein können. Rot-grüne Forderungen geraten dabei leicht in den Hintergrund. Man arrangiert sich, doch die Automobilindustrie sieht den Regierungswechsel in Bonn offenbar gelassen, mit Gerhard Schröder ist schließlich ein „Automann“ an der Spitze.

Am Audi-Stand herrscht gute Stimmung: Die Besucher streicheln den silbernen Lack des 225 PS starkene Sportwagens Audi TT und sitzen darin Probe. Deutschlandpremiere für ein Auto, das dynamische Manager und Frauen als Zielgruppe hat. Zu haben ist der Flitzer für 52.000 Mark - Schnickschnack kostet extra. „Man sitzt ganz tief darin und hat den Arsch fast auf der Straße“, sagt Standleiter Knut Köpper. Er fühle sich darin wie im Wohnzimmer.

Köpper macht sich keine Sorgen, daß die rot-grüne Regierung der Automobilindustrie zukünftig den Fahrspaß verderben könnte. „Vier Millionen Arbeitsplätze darf man nicht vergessen“, sagt Köpper. Die Regierung müsse sich deshalb gut überlegen, wie sie mit der Autoindustrie als größten Arbeitgeber in Deutschland umgehen wird. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück. „Außerdem fährt der neue Kanzler Audi, und Müntefering hat den A8.“

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen fährt lieber Mercedes. Den Audi-Stand läßt der Christdemokrat bei seinem Eröffnungsrundgang nach kurzem Aufenthalt hinter sich. Er sitzt die neue S-Klasse 500 L mit 306 PS für 180.000 Mark probe. Das Flaggschiff des Automobilkonzerns zieht Besucherscharen an, die sich davor und am Steuer fotografieren lassen. Ganz im Schatten der Luxuslimousine steht die A-Klasse, die lange Zeit mit Problemen zu kämpfen hatte. „Wir sind mit ihr wieder in ruhigeres Gewässer gekommen“, sagt Standleiter Niels Kowollik. „Die Nachfrage ist so groß wie noch nie.“ Heute aber umlagern die Besucher die neue S-Klasse.

Für die Zeit der rot-grünen Regierung sei Mercedes-Benz gerüstet. Den Kraftstoffverbrauch der S-Klasse hat der Konzern um 17 Prozent gesenkt. Die Limousine mußte 300 Kilo abspecken, und die Dieselmotoren sparen durch CDI, einer verbesserten Einspritztechnik, bis zu 30 Prozent Kraftstoff. Auf den 300 PS starken Motor wollte Mercedes dann doch nicht verzichten.

In Halle 21 feiert Volkswagen gleich vier Deutschland-Premieren. Mit dem „Bora“ stellt VW den Vento-Nachfolger vor, der „New Beetle“ tritt das Käfer-Erbe an, und mit dem Lupo führt der Wolfsburger Konzern einen weiteren Kleinwagen ein. Für 17.000 Mark ist er nur einer von vielen, für etwa 7.000 Mark Aufpreis dagegen bekommt der Kunde das 3-Liter- Auto. „Alles Neue hat seinen Preis“, erklärt Pressesprecher Jürgen Schiebert den Preisunterschied. Mit dem Lupo geht der erste Wagen mit einem Verbrauch von 2,99 Litern auf 100 Kilometern weltweit in Serienproduktion. Für das Jahr 2000 plant der Konzern bereits das 2-Liter-Auto.

Mit der neuen Regierung werde man sich arrangieren, sagt Schiebert. Die Forderungen der Grünen nach höheren Benzinpreisen hält er für „nicht verkehrt“. Es sei nun eine Frage der Zeit, bis die Preise anziehen. Aber Sorgen macht auch er sich nicht. „Der Schröder ist ein Automann, der weiß wovon er redet.“ Gelassenheit auch bei Fiat: „Der Benzinpreis bleibt sicher moderat“, sagt Jürgen Klinz. „Wer so sehr mit der Autoindustrie verwachsen ist, kann sich hohe Benzinpreise gar nicht leisten.“ Dennoch sei die Entwicklung eines 3-Liter- Autos bei Fiat Zielvorgabe für die nächsten Jahre. Mike Szymanski