Banker verurteilt wegen Geschäften mit Gangstern

■ In Japan geben Konzerne öfter der Erpressung durch organisierte Banden nach

Tokio (taz) – In einem aufsehenerregenden Prozeß in Tokio sind gestern sechs Manager der drittgrößten japanischen Geschäftsbank, Dai-Ichi-Kangyo (DKB), zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Die Manager wurden für schuldig befunden, an einen bekannten Firmenerpresser illegale Zahlungen getätigt zu haben. In der Affäre, die seit 1997 mindestens zehn Unternehmen erfaßt hat, geht es um die sogenannten Sokaiya, professionelle Gruppen, die auf erpresserische Weise Geldzahlungen von Versicherungen, Banken oder Großunternehmen verlangen. Sollte nicht gezahlt werden, drohen sie, daß von ihnen bestellte Gangster als Störer auf den Aktionärsversammlungen auftreten.

Obwohl es immerhin schon seit 1983 japanischen Firmen gesetzlich verboten ist, derartigen Erpressungen nachzugeben, hält das mafiaähnliche Unwesen der Firmenerpressung an. Und die Unternehmen schweigen und zahlen, um den reibungslosen Ablauf der Aktionärsversammlungen nicht aufs Spiel zu setzen. Erst vor drei Monaten flogen vier weltweit tätige Konzerne auf, die an eine andere Gruppe von Erpressern Geld gezahlt hatten.

Das Tokioter Distriktgericht sprach nun einen ehemaligen Direktor der DKB sowie fünf weitere Bankmanager schuldig, Kredite im Umfang von zwölf Millionen Yen (knapp 150.000 Mark) an den berüchtigten Firmenerpresser Ryuichi Koike vergeben zu haben. Koike war 1997 festgenommen worden. Mit einem umfassenden Geständnis trug er dazu bei, daß gegen 32 ehemalige Manager von großen Firmen und japanischen Bankunternehmen Ermittlungen eingeleitet wurden.

Als die Affäre aufflog, erklärten viele Unternehmen, daß sie künftig Erpressungen nicht mehr nachgeben und ihre Beziehungen zu den Sokaiya abbrechen würden. Japans einflußreichster Industriellenverband, Keidanren, sah sich damals genötigt, eine Weisung über ethische Normen in japanischen Konzernen herauszugeben.

Härter als die Manager werden die Erpresser belangt. In einem anderen Prozeß wurden gestern zwei führende Mitglieder einer Sokaiya-Organisation wegen Annahme von Geldzahlungen der Fluggesellschaft Japan Airlines zu acht Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Richtig abschreckend wirken solche Urteile indes nicht. Japans größte und älteste Firmenerpresser-Bande, Rondan, hat ihre Aktivitäten nicht aufgegeben und unterhält eine öffentlich zugängliche Homepage im Internet. 500 größere und kleinere Firmenerpresser seien noch im Geschäft, schätzt die nationale Polizeistelle für das Organisierte Verbrechen. André Kunz