„Da ist er wieder, der tanzende Mohr...“ –betr.: „Ein total anderer Liebesbegriff“, taz vom 19. 10. 98

Das abgedruckte interview mag ja gut gemeint sein, aber es stellt nichts anderes als rassismus dar und bedient das typische klischee, das mal vom standpunkt des weißen mannes, mal der weißen frau aufgewärmt wird.

ich bezweifel nicht im geringsten, daß es für eine weiße frau in deutschland etwas besonderes darstellt, mit einem schwarzen mann zusammenzusein und gemeinsam aufzutreten. es ist aber für die weiße frau ein luxus, den sie sich gönnen kann oder auch nicht und über den sie auch in der taz diskutiert wie über die vor- und nachteile eines neuwagens. für mich als weißen mann, der eine beziehung zu einer schwarzen frau hatte, standen als „kriterien“ sympathie und attraktivität im vordergrund, und das halte ich für „normal“. betrachtungen, wie sie im interview auftauchen, sind diskriminierend und verstärken die in deutschland existente rassistische grundhaltung.

mich erinnern die fragen nach dem sex-verhalten von schwarzen und spekulationen über die warme ausstrahlung der braunen haut an die genüßlich geführten debatten diverser männer über mädchenhaftigkeit von thailänderinnen und rassigkeit von „negerinnen“. im interview schwadroniert eine renate über „rhythmik, musik, tanz, die beweglichkeit, das ganze movement...“ da ist er wieder: der tanzende mohr, der außerdem den größten schwanz hat. habe ich etwas an diesem interview völlig falsch verstanden? bin ich ähnlich verkrampft wie jene deutschen, die alle juden als integer und jeden schwarzen als flüchtling ansehen?

ich frage mich allerdings, warum nicht die beziehung zwischen schwarzen und weißen einfach so akzeptiert werden kann wie jede partnerschaft. die dummen und die faschisten wird man nie überzeugen können, aber die fortschrittlichen menschen in der gesellschaft sollten aufhören, bestimmte themen durch überflüssiges philosophieren zu verkomplizieren. ansonsten könnte die taz ja auch eine serie über die abartigen sex-praktiken von schwulen, grönländern, behinderten und anderen auffälligen zum besten geben. stephan blancke, berlin

Es mag ja noch angehen, daß eine total verknallte Frau ins Schwärmen gerät, wenn sie von ihrem Lover spricht. Claire: „Diese Körperfarbe, dieses Braun hat eine warme Ausstrahlung. Und dazu kommt noch diese Fröhlichkeit...“ Im Kontext einer wissenschaftlichen Untersuchung über das Verhältnis zwischen „afrikanischen Männern“ und „deutschen Frauen“ aber mutet das Ganze an, als solle hier dem alten Kolonialisten-Mythos des „edlen Wilden“ wieder Geltung verschafft werden. Zumal wenn in der Überschrift auch noch von der „afrikanischen Versuchung“ die Rede ist.

Aber auch Renate Baum scheint überwältigt zu sein vom Gegenstand Ihrer Untersuchung und / oder ihrer eigenen Erfahrungen mit binationalen Partnerschaften: „Da prallen Welten aufeinander. Ich weiß nicht, wie sich das auf die Begegnung mit europäischen Frauen auswirkt, das Wissen, wie im eigenen Kulturkreis (?) die Frauen durch Beschneidung und andere Rituale (?) in ihre Schranken verwiesen werden.“ Das wäre ja mal eine interessante Fragestellung.

Wie das Thema überhaupt ein interessantes und wichtiges ist. Allerdings ist für dessen Bearbeitung eine differenziertere Sichtweise vonnöten: „Die afrikanische Gesellschaft“, in der Baum auch die Existenz romantischer Beziehungen ausmacht, gibt es schlichtweg nicht. Ebensowenig wie „die deutschen Frauen“, die in diesem Fall so „wahnsinnig wirbeln“ müssen.

Die Vorliebe weißer Frauen für schwarze Männer als „Afrikavirus“ zu bezeichnen, ist zudem nicht nur unwissenschaftlich, sondern schlichtweg unerträglich; fast wäre ich geneigt zu sagen: sexistisch. Das Fazit schließlich, das Renate Braun zieht, ist zwar banal, aber richtig: „...es gibt nachhaltige kulturelle Unterschiede.“ Wie diese sich wiederum auf binationale Partnerschaften auswirken können, wäre auch eine interessante Fragestellung, der Baum allerdings nicht nachzugehen scheint.

Denn auch hier käme sie nicht umhin, die ausgesprochene Vielfalt afrikanischer Kulturen zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu berücksichtigen. Ich hoffe, das wird noch geschehen, denn andernfalls bekommen wir nur eine weitere Studie, die bestehende Vorstellungen und Klischees über die Beziehungen zwischen „dem afrikanischen Mann“ und „der deutschen Frau“ bestätigt. Und damit ist niemandem geholfen, zu allerletzt den deutsch-afrikanischen Paaren und deren Kindern. Jasmin Touati, Berlin

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.