Entscheidung gegen „Mehmet“

Bayerischer VGH bestätigt Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Entscheidung ist nicht anfechtbar. Innenministerium dringt auf zügige Abschiebung  ■ Aus München Stefan Kuzmany

Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) freut sich: „Es hat sich bezahlt gemacht, daß die Ausländerbehörden im Fall ,Mehmet‘ nicht lockergelassen haben.“ Jetzt solle „zügig abgeschoben“ werden. Auch der neue Kreisverwaltungsreferent des Münchener Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD) scheint zufrieden: „Damit steht die Ausreisepflicht fest. Weitere ausländerrechtliche Bescheide müssen nicht mehr erlassen werden“, lies der Referent Wilfried Blume-Beyerle verbreiten.

Die Aufenthaltserlaubnis von „Mehmet“, einem 14jährigen gewalttätigen Jugendlichen mit türkischem Paß, wird endgültig nicht verlängert, beschloß gestern der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH). „Mehmets“ Anwälte hatten in dem Verfahren auf „vorläufigen Rechtsschutz“ gegen „Mehmets“ Ausweisung durch die Münchener Behörden gedrungen. Dasselbe Gericht hatte vor sechs Wochen noch gegen die Ausweisung der Eltern „Mehmets“ votiert. Auch wenn man trotz der bestehenden Ausweisungsverfügungen zugrunde lege, daß die Eltern von „Mehmet“ sich erlaubt im Bundesgebiet aufhielten, könne ihm selbst die weitere Aufenthaltserlaubnis versagt werden, so der VGH in der gestrigen Entscheidung. Als Grund nennt das Gericht einen Anfang Juli von „Mehmet“ verübten schweren Raub, bei dem der Junge bereits vierzehn Jahre alt und somit strafmündig gewesen war. Allerdings liegt ein rechtskräftiges Urteil in der Sache noch nicht vor. Der Raub stelle jedoch „einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften“ dar. Auf eine „strafrichterliche Verurteilung“ komme es „dabei nicht an“. Im Hinblick auf eine Abschiebung sei es zumutbar, so der VGH, „wenn der Junge entweder in Begleitung eines Elternteils reise oder bei Verwandten untergebracht“ werde. Dies sei eine „unanfechtbare Entscheidung“.

Politisch war die Notwendigkeit einer Abschiebung von CSU und Teilen der SPD mit „Mehmets“ türkischer Staatsangehörigkeit begründet worden. „Seine Heimat ist meiner Kenntnis nach München- Neuperlach“, sagt hingegen sein Anwalt Jerzy Montag. „Wenn ich die rot-grünen Ankündigungen ernst nehme, hat ,Mehmet‘ den deutschen Paß nur knapp verfehlt. Seine Eltern hätten nur ein bißchen früher nach Deutschland ziehen sollen. ,Mehmet‘ ist Deutscher. Er hat nur keinen deutschen Paß.“

Den Wechsel der bisher rein juristisch geführten Verteidigung zu einer politischen Strategie begründete Montag im Gespräch mit der taz: „Die juristische Argumentation wird automatisch eine politische, wenn es um Grundrechte geht.“ Bisher habe nur die Gegenseite den Fall politisch gemacht – und ausgenutzt. Die Verwaltungsgerichte müßten nun in einem ordentlichen Verfahren zu prüfen haben, ob es Rechtens sei, einen in München geborenen Jugendlichen in die Fremde abzuschieben und sich damit eines in München entstandenen Problems zu entledigen. „Und wenn der Junge hier nicht sozialisiert ist, dann ist auch das Problem der Gesellschaft hier.“ Noch gestern rief der Anwalt per Fax das Bundesverfassungsgericht an. Karlsruhe soll klären, ob „Mehmets“ Grundrechte „durch das unnachsichtige Vorgehen des Münchener Ausländeramtes verletzt werden“. Denn die, sagt Anwalt Montag, „gelten nicht nur für Paßinhaber“.