Abschiebung ins Ungewisse

■ Amberg will sich einer schwerkranken abgelehnten Asylbewerberin entledigen

München (taz) – Der Flug war schon gebucht: gestern um 9.55 Uhr sollte sich Irina R. (24) an Bord einer Maschine nach Kiew in der Ukraine befinden, ausgeflogen nach einem Jahr Abschiebehaft. Irina R. ist krank. Sie leidet an der Hautkrankheit Lupus erithematodes, die sich auch auf die Nieren niederschlagen kann und bei nicht fachgerechter Behandlung zum Tod führen kann. Irina R. benötigt regelmäßig Medikamente.

Nun ist es für Privatpersonen nicht einfach, in Kiew an Medikamente zu kommen. Ein Caritas- Gutachten bestritt die ausreichende medizinische Versorgung in der Ukraine und riet dringend von Irina R.s Abschiebung ab. Die Ausländerbehörde Amberg ficht das jedoch nicht an: „Flugtauglich ist sie“, sagte der zuständige Beamte Graf zur taz. Recherchen hätten ergeben, daß sowohl die Medikamente als auch ein Nierenfacharzt vorhanden seien. Tatsächlich müßte sich Irina R. auf eine Tagesreise begeben, um von ihrem Heimatort nach Kiew zu gelangen. Ob dort dann die Medikamente bereitstünden, auf die sie eingestellt ist, ist fraglich. Obwohl ihre Abschiebehaft bis Januar 1999 verlängert worden ist, also kein Zeitdruck besteht, wollten sich die Amberger einer kranken Frau entledigen, die bis vorgestern noch nicht einmal einen Rechtsbeistand hatte. Der jetzt eingeschaltete Anwalt hat nun einen Asylfolgeantrag gestellt. Nun ist die Abschiebung zwar verzögert, droht aber noch immer. Stefan Kuzmany