■ Urdrüs wahre Kolumne
: Das bißchen Schwarzarbeit

Während eines kleinkünstlerischen Berlin-Gastspiels (heute, 21 Uhr, Kulturhof/Schönhauser Allee 71) lese ich gestern in einer von hauptstädtischenMedienschaffenden bevölkerten Kreuzberger Kneipe zwischen Pils und Hefeweizen die Bremer Lokal-taz, als mir plötzlich ein indiskreter Zecher vom Nebentisch über die Schulter blickt und mit allen Anzeichen von Entsetzen und Erstaunen zugleich ausruft: „Warum steht denn in der Bremer taz was über Georgia Tornow?“ War aber gar kein Beitrag über die ehemalige Chefredakteuse und Ulrich-“Einspruch“-Meyer-Gattin, sondern über die neue Ausländerbeauftragte Mariechen Beck. Immerhin ein wertvoller Hinweis für das zentrale Foto-Archiv: Wenn es am passenden Beck-Konterfei fehlt, einfach die unter „Tornow“ abgespeicherten Bilder aufrufen.

Dankenswerte Förderung durch den Weserkurier fand jetzt meine Kampagne, den derzeitigen Innensenator Bremens in den Gastwirtstand zu erheben und ihn somit nützlicher Arbeit zugänglich zu machen. Ausdrücklich wurde Borttschellers perfekter Faßanstich zur Freimarkteröffnung gewürdigt und auch die Tatsache, daß kein Tropfen danebenging: Hätte Clinton sich rechtzeitig diese Technik von Mar-shall Ralf erläutern lassen, er wäre von der Grand Jury genauso rehabilitiert worden wie das Nagetier Mike Tyson von der Box-Kommission Nevada.

Nicht einmal eine Schamfrist verstreichen ließ die alte bremische Sozialdemokröte nach der Bundestagswahl, um die Denkpause in Sachen Affenfolter zu beenden und durch die Wissenschaftsdeputation einen Neubau für die Tierversuche des Zauberlehrlings Kreiter zu beschließen. Der Zentralrat Deutscher Menschenaffen (ZDM) nimmt diese Entscheidung zum Anlaß, die Bremer aufzufordern, sorgfältig jeden Schritt von Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs zu beobachten: Allein im vergangenen Monat wurden im Bereich der Parzellengebiete Bremen-Nord 15 Katzen, sechs Sittiche und zwei herzkranke Beagles als vermißt gemeldet.

Etwas künstlich finde ich sie schon, die Aufregung um das bißchen Schwarzarbeit auf der Datsche von Herrn Staatsrat Niederbremer. Weiß doch jeder Häuslebauer, daß es ohne nicht mehr geht und als Beitrag zum völkerverbindenden Prinzip der organisierten Jedermanns-Kriminalität ist das ja fast sowas wie eine europapolitische Initiative in der Nach-Schengen-Ära. Nur weiter so, Günter – und wenn der Pawel und der Karel gut gearbeitet haben, reich doch mal die Adresse rüber. Ich bräuchte jemanden, der für's Häuschen mal was am Schornstein mauert. Gute Behandlung zugesichert!

Wie wichtig ist es, daß alte 68er wie der ehemalige AStA-Vorsitzende Niederbremer von der Fachhochschule Wolfenbüttel und ich uns nicht vom Legalismus der Jetztzeit korrumpieren lassen, belegt ein Vorfall aus der studentischen Wohngemeinschaftsszene anno 1998, der gestern in der Berliner Lokal-taz dokumentiert wurde: Nachdem aus einer WG in Neukölln zwei Bewohner ausgezogen waren, zeigten die Verbliebenen ihre Ex-Mitbewohner bei der Bullizei wegen des Diebstahls von zwei Kochtöpfen und einer Käsereibe mit rotem Plastikrahmen an. Zivilfahnder machten sich daraufhin mit Durchsuchungsbefehl auf die Jagd und fanden in der Tat bei den Verdächtigten die zwei Töpfe, während der Verbleib der Käsereibe noch ungeklärt ist. Wir empfehlen zur Ersatzbeschaffung einen gemütlichen Wohngemeinschaftsabend mit dem Manufactum-Katalog, denn es gibt sie noch die guten Dinge. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Original-Nachbau des gußeisernen Käsehobels, der bis in die 20er Jahre hinein von einer kleinen holländischen Feldschmiede bei Gouda in Handarbeit hergestellt wurde und heute wieder in limitierter Auflage von ABM-Kräften einer Museums-Eisenhütte im Erzgebirge exklusiv für die Bezieher des Manufactum-Katalogs nachgebaut wird?

Ein neues Kontaktmagazin für FickiQuickie und mehr hat der Herr Verleger Schulenberg unter dem Titel NITELIFE unters Bremer Volk gebracht, wahrscheinlich, weil er wieder mal eine neue Goldbrücke oder einen Hermelin-Mantel zur Deckung seiner peinlichen Blößen braucht: Wenn das KPS-Call-Center demnächst auch noch die dazugehörige Telefon-Hotline anbietet, soll dieser nichtsnutzige Onkel Dagobert wenigstens ein paar Behindertenarbeitsplätze für hechelnde Asthmatiker und keuchende Adipöse zur Verfügung stellen. Nicht, daß immer das vorhandene Personal den Boy für alle Fälle oder die heiße Stute für jede Gangart machen muß ... fordert in arbeitsmarktpolitischem Feuereifer

Ulrich „Job“ Reineking