Kein schlechter, sondern guter Start .betr.: „Stollmanns Abgang beschädigt Schröder“, taz vom 21. 10. 98

Wie kann ein angehender Bundeskanzler dadurch beschädigt werden, daß er aufgrund von Koalitionsverhandlungen und Stimmen aus der eigenen Partei (er hat den Wahlkampf ja schließlich nicht alleine geführt und muß vom Bundestag erst noch gewählt werden) eine falsche Vorentscheidung zurückgenommen hat? Kann mir irgend jemand sagen, was ein Wirtschaftsminister Stollmann in einer rot-grünen Koalition zu suchen hat? Die wenigen inhaltlichen Aussagen, die von ihm zu hören waren, gingen klar in Richtung Deregulierung und Infragestellen von „Besitzständen“. Nun ist er beleidigt, daß die Koalitionsvereinbarungen Besitzstände antasten – allerdings nicht die der abhängig Beschäftigten, sondern die des sogenannten Mittelstandes. Im Klartext: Die Steuerprivilegien der Reichen wollte er offensichtlich nicht in Frage stellen.

Bei einem Wahlergebnis, das zu einer Großen Koalition geführt hätte, hätte die Berufung von Stollmann zum Wirtschaftsminister vielleicht Sinn gemacht. Da mit einem solchen Ergebnis gerechnet werden mußte, war es verständlich (wenn auch nicht erfreulich), daß Schröder Stollmann in sein Wahlkampfteam aufgenommen hat. Glücklicherweise reichte das Wahlergebnis fürr Rot-Grün.

Die Reformprojekte, die ich mir wünsche, sind mit Schröder und Lafontaine vielleicht, mit Stollmann offensichtlich nicht zu machen. Daher ist es kein schlechter, sondern ein guter Starrt für Schröder, wenn er auf Stollmann verzichtet. Soll die FAZ darüber jammern – von der taz hätte ich Lob erwartet! Ute Finckh, Berlin