Variationen über die Angst – und einen Kommissar

■ Der beste der vier neuen ZDF-„Sperling“-Krimis läuft heute um 20.45 Uhr schon auf Arte

Der untergründigen Programmpolitik des ZDF ist zu diesem Wochenende ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes Spektakel zu verdanken: Erstens erwartet den geneigten Fernsehgucker das Vergnügen, den vielfach ausgezeichneten, nicht nur physisch überaus präsenten Dieter Pfaff in der Figur seines ebenso leisen wie bodenständigen, kriminalkommissariellen Alter ego „Sperling“ nach längerer Abstinenz quasi im Doppelpack zu goutieren – heute auf Arte im Zuge einer Geschichte über Schutzgelderpressung mit Variationen über die Angst; morgen im ZDF mit einem Lehrstück über Erwachsene, Jugendliche, Geliebt-werden-wollen und Kriminalität.

Zum zweiten bietet sich eine seltene Gelegenheit, am gleichen Objekt die Unterschiedlichkeit von Regiehandschriften und die Relativität von Zeit zu studieren: Wie kurz können die 96 Arte-Minuten „Sperling“ erscheinen, die Regisseur Dominik Graf sich für „... und der brennende Arm“ zumißt – und wie lang die für die morgige ZDF- Ausstrahlung im nachhinein auf 86 verkürzten „... und das schlafende Mädchen“-Minuten aus der Hand des Tschechen Georg Herz?

Die unerwartete Duplizität resultiert aus der nicht uneigennützigen Menage, mit der sich die deutschen Arte-Teilhaber bei dem Straßburger Kulturkanal für ihre eigenen Produktionen möglichst günstig viele der an Arte gebundenen Gebührenmillionen sichern. Dazu wird Arte – im Fall „Sperling“ gegen Entrichtung von 360.000 Mark pro Film – zum Coproduzenten gemacht und bekommt dafür lediglich das Erstsenderecht, das verschmerzbar ist, sofern nur die Arte-Zuschauerschaft klein bleibt und obendrein nach sechs Monaten ab Filmlieferung verfällt. So kommt mit dem starken Graf-Stück, das auf dem Münchner Filmfest im Juni prompt den Preis der Produzenten einheimste, der letzte von drei neuen „Sperlings“ auf Arte jetzt neben jenem „Sperling“ im ZDF zu liegen, für den die Mainzelmänner die Straßburger bislang nicht ködern konnten, der aber – eigentlich als Schlußstück der Viererreihe gedacht – nun als eine Art Probeballon gilt.

In „Sperling ... und das schlafende Mädchen“ (verkörpert von einer ziemlich ausgeschlafenen Johanna Klante) wird eine neue Ära eingeläutet: Indem Sperlings Umfeld radikal ausgedünnt ist – sein älterer Assi (Achim Grebel) zum Stichwortgeber degradiert, die beiden jüngeren (Petra Kleine und Benno Fürmann) durch das Abziehbild einer vorlauten Hektikerin (gemimt von dem einstigen Ralph-Siegel-Schlagersternchen Dorkas Kiefer) ersetzt – entfällt der Quote zuliebe zwangsläufig die differenzierte thematische Spiegelung, die vordem möglich war und viel zur Qualität der „Sperling“- Filme beitrug. Ulla Küspert

„Sperling ... und das schlafende Mädchen“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

„Sperling ... und der brennende Arm“, am 9.1. auch im ZDF