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Kopf kahlscheren reicht nicht

Der Dalai Lama auf Stipvisite in Hamburg: Ab heute erläutert das tibetische Oberhaupt 9000 Menschen „Buddhas Weg zum Glück“  ■ Von Karin Flothmann

Sein Minenspiel ist abrupt. Eben noch blickt er ernst in die Runde, seine Gesten wirken gesetzt und staatsmännisch. Dann, plötzlich, beugt sich der Dalai Lama neugierig hinüber zu seinem Übersetzer, grinst ihn an und scheint innerlich zu kichern. „Zuerst bin ich einfach nur ein Mensch“, erklärte der 63jährige gestern bei einer Stipvisite in Hamburg. „Und als solcher trage ich, wie alle anderen Menschen, Verantwortung für das Wohlergehen aller.“

Rund 9000 Menschen aus Europa, den USA und Kanada sind von solchen Worten fasziniert. Sie werden ab heute sechs Tage lang dem Dalai Lama lauschen, wenn er in der Lüneburger Heide „Buddhas Weg zum Glück“ erläutert und in die Meditationsweisen des tibetischen Buddhismus einführt. Den großen Zuspruch kann sich das geistliche und weltliche Oberhaupt der Tibeter selbst nicht recht erklären: „Ich frage mich oft, was es mit dieser Tibet-Begeisterung auf sich hat“, sagt er. „Ob die Menschen im Westen sich von uns Instant-Erleuchtung erhoffen?“

Um die geht es ihm nicht. Es mache einfach keinen Sinn, wenn Menschen aus westlichen Kulturen urplötzlich ihren Lebensstil veränderten und sich den Kopf kahlschören, um fortan dem Buddhismus zu frönen. „Ich glaube, es ist sehr wichtig, den traditionellen Werten der eigenen Religion treu zu bleiben“, betont er. Für den gegenseitigen Respekt und das bessere Verständnis sei es allerdings hilfreich, andere Relgionen kennenzulernen. „Deshalb bin ich hier.“

Ein weiteres Anliegen des Dalai Lama, das gestern auch in einem Gespräch mit Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin Krista Sager (GAL) zur Sprache kam, ist die Lage in Tibet. Dort, so erklärte das tibetische Oberhaupt, finde „eine Art kultureller Völkermord statt“. Seit der chinesischen Invasion 1951 wurden mehr als 6000 Klöster im Land zerstört, Tausende kamen ums Leben, Zehntausende flohen wie der Dalai Lama außer Landes. Seither kämpft das tibetische Oberhaupt im indischen Exil und auf seinen zahlreichen Reisen für die Autonomie seiner Heimat.

Sager erklärte gestern, es sei bedauerlich, daß der Weg der friedlichen Diplomatie, um den sich „Seine Heiligkeit“ seit vielen Jahren bemühe, von China immer noch nicht angenommen werde. Statt dessen propagieren von China eingesetzte „Umerziehungsbrigaden“ in Tibet, der Dalai Lama sei ein „Schlangenkopf“, den man „um jeden Preis zertreten muß“. Immerhin sei er das „Werkzeug internationaler antichinesischer Kräfte“.

Den Dalai Lama, der für sein Tibet-Engagement 1989 den Friedensnobelpreis erhielt, ficht das nicht an. Er ist davon überzeugt, daß nur ein Kompromiß mit China die Tibet-Frage lösen kann. Und er ist zuversichtlich: Peking zeige inzwischen in diesem Punkt immerhin mehr „Sensibilität“.

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