SPD macht Druck

■ Lafontaine gibt grünes Licht für Neuwahlen. Programm für Restzeit des Senats verlangt.

Die SPD macht Druck: gestern holte sich Fraktionschef Klaus Böger vom Bundesvorstand seiner Partei grünes Licht für vorgezogene Neuwahlen. „Wir haben die Zustimmung Oskar Lafontaines, unter Umständen früher zu wählen“, sagte Böger nach Gesprächen mit dem Parteivorsitzenden. Man sei sich einig, daß SPD und CDU nun ein straffes Arbeitsprogramm verabschieden müßten, wenn die Koalition bis zum regulären Wahltermin im September nächsten Jahres halten solle.

Auch nach der Nominierung von Eckhart Werthebach (CDU) als Innensenator und Wolfgang Branoner (CDU) als Wirtschaftssenator hat die SPD erhebliche Zweifel an der Handlungsfähigkeit der CDU. SPD-Chef Detlef Dzembritzki hat den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) daher um die Einberufung des Koalitionsausschusses gebeten. Die Absprachen sollen noch vor der Nachwahl der SenatorInnen am 12. November getroffen werden. „Wenn es im Koalitionsausschuß zu keiner Einigung kommt, entsteht eine neue Situation“, sagte SPD-Fraktionssprecher Hans Stadtmüller. Wie SPD- Sprecher Frank Zimmermann gestern erklärte, mehrten sich innerparteilich die Stimmen, wonach die SPD nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könne. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Großen Koalition. Branoner sei nicht die erste Wahl als Wirtschaftssenator, Werthebach sei ein Hardliner und mit der Regierung Kohl abgewählt worden. Da sei Skepsis angebracht.

Zu den vordringlichen Aufgaben, die die Große Koalition noch bewältigen müsse, zählt die SPD eine Verabschiedung der Krankenhausplanung, die Neustrukturierung der BVG und eine Reihe von offenen finanzpolitischen Fragen, wie der Liegenschaftsfonds oder die Verteilung von 250 Millionen Mark pauschaler Minderausgaben auf die Senatsressorts.

Auch in der SPD gärt es. Bei den SPD-Frauen stößt Bögers Vorschlag, das Frauenressort der Finanzsenatorin zuzuschlagen, um den Weg für Thomas Krüger als Arbeitssenator freizumachen, auf massiven Widerstand. Die SPD- Bundestagsabgeordnete Ingrid Holzhüter erklärte, der Handlungsspielraum des Frauenressorts werde so „gewaltig eingeschränkt“. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen hat am Wochenende die Abgeordnete und Kreisvorsitzende von Mitte, Gabriele Schöttler, aufgefordert, gegen Krüger anzutreten. Beim SPD-Landesausschuß am Mittwoch wird eine äußerst kontroverse Debatte erwartet. Dorothee Winden