Schleuse wird tiefer gelegt

■ Heute will der Senat 24,2 Millionen Mark für die Vertiefung der Oslebshauser Schleuse absegnen / Drohten Firmen mit Wegzug, falls der Ausbau nicht kommt?

Im Bremer Haushalt ist noch Platz für kleine Geschenke. Aller Voraussicht nach wird der Senat auf seiner heutigen Sitzung die Freigabe von 24,2 Millionen Mark für den Ausbau der Oslebshauser Schleuse, den einzigen Eingang zum Industriehafen, beschließen. Zum Vergleich: Auch die Land-entsorgung des mit dem Nervengift TBT verseuchten Hafenschlicks kostet ungefähr diese Summe. Doch das Geld fehlt im gebeutelten Bremer Haushalt.

Ob der Schleusenausbau Sinn macht, ist umstritten: Einige der Firmen, die den Industriehafen nutzen, sollen für den Ausbau Druck gemacht haben, ist aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu hören. Sollte der Ausbau nicht kommen, sei mit Wegzug aus dem Hafengebiet gedroht worden. Rund 3.000 Menschen, so schätzt Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) sind in den Betrieben im Industriehafen beschäftigt.

„Mit dem Schleusenausbau sollen die Arbeitsplätze abgesichert werden“, so Beckmeyer. Eine „beträchtliche Geschäftsausweitung“ der ansässigen Firmen läge „im Bereich des Möglichen.“ Insgesamt, werde der Industriehafen durch den Ausbau aufgewertet, so Beckmeyer. Außerdem werde so der Gefahr entgegengewirkt, daß große Schiffe wegen des zu geringen Schleusentiefgangs zu anderen Häfen abwandern.

Doch ob die neue Schleuse auch mehr Umschlag bedeutet, ist absolut offen. Insgesamt findet im Industriehafen rund ein Drittel des stadtbremischen Hafenumschlags statt: 4,4 Millionen Tonnen von 14,2 Millionen im letzten Jahr. 2.594 Schiffe gelangten letztes Jahr durch die Schleuse in den Industriehafen, davon waren 873 See- und 1.721 Binnenschiffe. Doch eine ernstzunehmende Verkehrsprognose für die Zeit nach dem Ausbau wurde bislang nicht vorgelegt. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse fehlt bislang.

Um knapp zwei Meter soll die rund 250 Meter lange Schleuse tiefergelegt werden. Sinn der Übung: Die Einfahrt in den Hafen soll unabhängiger von den Gezeiten werden. Nur in einem Zeitfenster von durchschnittlich 80 Minuten am Tag, wenn das Wasser seinen Höchststand erreicht, können richtig dicke Schiffe der sogenannten Panmax-Klasse die Schleuse nutzen. Nach dem Umbau soll sich das Zeitfenster auf durchschnittlich sechseinhalb Stunden am Tag vergrößern.

Überflüssig ist der Ausbau keinesfalls – die Frage ist allerdings, warum ausgerechnet bei der derzeitigen Kassenlage der Ausbau beschlossen werden soll. Schon seit 1979 ist klar, daß die Schleuse irgendwann tiefergelegt werden muß. Damals wurde die Kammer der seit 1910 bestehenden Schleuse vergrößert. Der zweite Bauabschnitt, die Vertiefung der Kammer, wurde aber wegen Geldmangels immer wieder verschoben. Jetzt soll der Ausbau durch Grundstücksverkäufe und Kreditaufnahme finanziert werden.

Zwölf Firmen mit Seeabfertigung haben ihren Sitz im Industriehafen. Jan Akkermann ist Sprecher der Interessengemeinschaft Industriehafen und Chef der Logistik-Firma Weserport. Er ist durchweg optimisch, daß der Ausbau einen Aufschwung bringt. „Die Terminals werden international deutlich attraktiver“, meint er, „wir rechnen mit mehr Beschäftigung und stärkeren Umschlagszahlen“. Es wird sich lohnen, nach zwei Jahren Umbauzeit noch einmal nachzufragen. Christoph Dowe