Village Voice
: Keine Zicken mehr

■ Drei Platten, drei Duos: Berlins schickstes Label Kitty-Yo meldet sich nach einem halben Jahr Pause mit neuen Veröffentlichungen

Alle lieben Kitty-Yo. So sehr, daß es fast schon zickig wirkt, wenn Berlins immer noch zu Recht schickstes Label ein halbes Jahr nichts mehr herausgebracht hat. Die Durststrecke wird nun beendet mit gleich drei Maxis auf einmal.

Als da wären: Preed, zum ersten. Sind ein Duo, kommen ursprünglich mal aus Österreich, sind nun aber schon seit fast einem Jahr in Berlin seßhaft und haben bisher überall und nirgends veröffentlicht, unter anderem auch auf Timing Records, dem Label von Tanith. Unter „Big Beats“ möchte Kitty-Yo seine Neuerwerbung verbucht wissen, aber wer jetzt die Propellerheads und ihre eingängigen, mit mächtigem Geboller aufgedonnerten Sixties-Adaptionen erwartet, ist auf der völlig falschen Festplatte.

Zwar pitchen auch Franz Pratsch und Kurt Martini ihre eigentlich ganz rund und gesund klingenden Beats so hoch, daß sie böse und derbe knallen, aber schnurgeradeaus geht kaum etwas auf den drei Tracks. Ein paar unwahrscheinliche Wendungen müssen wohl immer sein oder zumindest der Sequenzer ums Rhythmusgerüst herumflattern. Der Rest sind ein paar Samples aus dem Sci-fi-Fundus, selten auch ein Anklang an die klassische TV-Melodie und bei aller flott produzierten Partystimmung eigentlich doch die Liebe zum Spartanismus.

Hinter der zweiten Veröffentlichung steht ebenfalls ein Duo, und es hört auf den schönen, kurzen und spröden Namen Stol. Gitarrist Olaf Rupp und Stephan Mathieu am Schlagzeug kamen vom Jazz, und das hörte man Stol früher auch an. Nun hört man es nicht mehr. Irgendwo im weiten Feld zwischen Electronica und Free Jazz haben sie ein Plätzchen gefunden, an dem die Regeln beider Seiten außer Kraft gesetzt scheinen.

Nachvollziehbare Rhythmen, Melodien oder überhaupt nur kleine freundliche Licks, irgendwas, was einen an Musik erinnert, all das sucht man vergeblich. Alles hier tropft, bröckelt, klackert unregelmäßig und nicht vorhersehbar. Tracks heißen „001“, „010“, „011“ und „100“, und an ihrem Ende weht schon mal ein kalter Wind.

Im Gegensatz aber zu anderer Musik, die sich an Regelverletzung ergötzt, wählen Stol zur Umsetzung keine möglichst kalten, maschinengleichen Sounds, sondern bauen doch vor allem auf den zwar meist bearbeiteten, aber grundsätzlich nun mal eher weichen Klang ihrer beiden Instrumente. Die Computertechnik dient dann vor allem zur Erweiterung des spieltechnischen Spektrums. Die Schlußfolgerung daraus ist Avantgarde, mit serieller Monotonie hat das rein gar nichts mehr zu tun. Das ist so anstrengend, wie es sich anhört, aber halt auch so interessant.

Dritte Platte, drittes Duo. Laub haben vor einem Jahr ihr wundervolles, verqueres Debüt herausgebracht, das mit gutem Grund „kopflastig“ hieß. Für diese Maxi nun haben sie sich einmal selbst remixt und außerdem Martin Gretschmann alias Console, der schon den Indie- Rockern von The Notwist die schicken Beats hinmixte, und den rheinischen DJ Philipp Mayburg alias Phoneheads engagiert.

Auf „Folgenschwere“ verzichten Antye Greie-Fuchs und Jürgen „Jotka“ Kühn zwar auf Greies Worte, lassen aber zumindest ihren ätherischen Gesang wie eine hingehauchte Duftspur durch den Track gleiten. Rhythmisch sind sie für ihre Verhältnisse geradezu unkompliziert, im Gegensatz zu ihren sonst so gerne wegbröckelnden Beats geben sie dem Tanz hier durchaus eine Chance. Gretschmann steuert auf „Laubfrosch“ seine gewohnt freundliche Vision vom Dancetrack als pelziges Wesen bei, dem sich nur die allerliebsten Sounds ankuscheln dürfen.

Im Vergleich dazu vermittelt Mayburgs „Phoneheadslastig Remix“ einen unangenehm sperrigen und stählernen Gesamteindruck, der stimmungsmäßig sicherlich am weitesten vom Originalmaterial entfernt, aber deswegen wohl auch am interessantesten ist. Thomas Winkler

„Stol“, „Preed“, „Laub“, alle 12, Vinyl only (Kitty-Yo/ EFA)

Record Release mit allen drei Bands am 29.10., 23 Uhr, WMF, Johannisstraße 19, Mitte